Studentenwohnungen: Marktkräfte allein reichen nicht
Bei der zuletzt im Jahr 2014 durchgeführten VAA-Umfrage zur Sozialsituation der Studierenden im Verband haben die Teilnehmer für die Wohnsituation an ihrem Studienort noch die Durchschnittsschulnote 3,2 vergeben. Diese Bewertung würde heute wohl noch schlechter ausfallen, denn Wohnen wird in vielen Städten immer teurer. Eine aktuelle Studie des Institutes der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln zeigt jetzt, wie angespannt die Lage auf dem Wohnungsmarkt besonders für Studierende ist. Danach sind die Mietpreise für Studentenwohnungen seit dem Jahr 2010 in einigen Städten um bis zu 50 Prozent gestiegen.
Grund für die Preissteigerungen ist laut der IW-Forscher neben den gestiegenen Studierendenzahlen und der wachsenden Attraktivität der Städte für junge Erwerbstätige und ausländische Fachkräfte auch der fehlende Wohnungsneubau. Teilweise sei nur ein Drittel des Bedarfs an zentral gelegenen und kleinen Wohnungen tatsächlich gebaut worden. Diese Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage führt zu Preissteigerungen, die sich nach Ansicht der Experten auch weiter fortsetzen werden.
Teilweise werden diese Ergebnisse von der Politik mit einem gewissen Schulterzucken zur Kenntnis genommen, nach dem Motto: Das ist eben der Markt. Es stimmt, dass die Preisentwicklung dem Gesetz des Marktes folgt: Der Preis für knappe Güter, die stark nachgefragt werden, steigt. Die entscheidende Frage lautet, ob man diese Entwicklung so hinnehmen muss. An der Nachfrage nach Studentenwohnungen in Großstädten lässt sich naturgemäß nur wenig ändern. Junge Menschen wollen dort studieren und wohnen, wo es aus fachlichen und privaten Gründen für sie am attraktivsten ist. Und geringere Studierendenzahlen wünscht sich wohl niemand.
Also muss beim Angebot etwas getan werden. Kommunen, Länder und Bund sind gefordert, sowohl den Wohnungsmarkt insgesamt, insbesondere aber den Markt für Studentenwohnungen durch Fördermaßnahmen im Wohnungsbau in Schwung zu bringen.
Wer dem entgegenhält, die Studierenden von heute seien mit hoher Wahrscheinlichkeit die Top-Verdiener von morgen und damit in der Lage, auch höhere Mieten zu zahlen, macht es sich viel zu einfach. Denn Hochschulabsolventen sind damit im Umkehrschluss auch die Top-Steuerzahler von morgen. Sie leisten also nicht nur ideell einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft, sondern geben dem Staat auch ökonomisch weit mehr zurück, als sie bekommen. Hinzu kommt, dass es gerade für Studierende aus einkommensschwächeren Familien problematisch ist, die höheren Mieten zu bezahlen. Sie müssen entweder auf weniger attraktive Standorte ausweichen, mehr nebenbei arbeiten oder sie verzichten ganz auf ein Studium. So oder so sind sie gegenüber ihren Altersgenossen aus einkommensstärkeren Familien im Nachteil. Und der Bildungserfolg in Deutschland hängt ohnehin schon viel zu sehr von den wirtschaftlichen Verhältnissen im Elternhaus ab. Höchste Zeit also, etwas dafür zu tun, dass der Preis für passenden Wohnraum diesen Missstand nicht noch zusätzlich verschärft.
Dr. Wolfram Uzick
Betreuendes Vorstandsmitglied der VAA-Kommission Hochschularbeit