Doppelte Haushaltsführung: BFH-Urteil zum eigenen Hausstand am Wohnort
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Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung ist, dass man neben der Zweitwohnung am Beschäftigungsort einen eigenen Hausstand am Lebensmittelpunkt unterhält – die Hauptwohnung. Vor allem bei alleinstehenden Arbeitnehmern prüft das Finanzamt oft, ob in der Wohnung am Lebensmittelpunkt einen eigenen Hausstand unterhalten wird. Laut Gesetz setzt ein eigener Hausstand das Innehaben einer Wohnung und eine „finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung“ voraus. Eine solche wird problemlos akzeptiert, wenn nachgeweisen werden kann, dass man sich zu mehr als zehn Prozent an den monatlich regelmäßig anfallenden laufenden Kosten der Haushaltsführung, zum Beispiel Miete, Nebenkosten, Kosten für Lebensmittel und andere Dinge des täglichen Bedarfs, finanziell beteiligt.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bestätigt: Die finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung darf zwar nicht erkennbar unzureichend sein. Ob dies der Fall ist, bedarf jedoch einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls. Eine bestimmte betragliche Grenze gibt es nicht, ebenso wenig ist eine laufende Beteiligung erforderlich. Deshalb kann sich der Steuerzahler, so der BFH, „dem Grunde nach auch durch Einmalzahlungen – einschließlich solcher am Jahresende – an den Kosten der Haushaltsführung finanziell beteiligen“. Eine Haushaltsbeteiligung in sonstiger Form, zum Beispiel durch die Übernahme von Arbeiten im Haushalt oder Dienstleistungen für den Haushalt, genüge insoweit jedoch nicht.
Darum ging es vor dem BFH
Ein lediger Elektroingenieur lebt unter der Arbeitswoche in einer angemieteten Zweizimmerwohnung am Ort seiner ersten Tätigkeitsstätte. Die Wochenenden und die arbeitsfreien Tage verbringt er an seinem 85 Kilometer entfernten Wohnort, wo sich unstreitig sein Lebensmittelpunkt befindet. Dort bewohnt er im Elternhaus gemeinsam mit seinem Bruder die von der Wohnung der Eltern im Erdgeschoss (EG) baulich nicht abgeschlossene Wohnung im Obergeschoss (OG), die ihnen unentgeltlich zur Nutzung überlassen ist.
Als Nachweise für eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung legte er Kreditkartenauszüge über Lebensmitteleinkäufe in Höhe von 1.410,47 Euro sowie Kontoauszüge über zwei am 7. Dezember des betreffenden Jahres an den Vater getätigte Überweisungen in Höhe von 1.200 Euro (Verwendungszweck: Nebenkosten und Telekommunikation) und 550 Euro (Verwendungszweck: Anteil neue Fenster) vor. Das Finanzamt hat die Kosten für die Wohnung am Beschäftigungsort nicht anerkannt, da eine ausreichende finanzielle Beteiligung am Haushalt im Wohnort nicht nachgewiesen sei. Dagegen hat der Elektroingenieur erfolgreich geklagt.
Der BFH hat zugunsten des Steuerzahlers im Ergebnis das Urteil des Finanzgerichts bestätigt. Anders als Finanzamt und Finanzgericht meinten, handelt es sich im vorliegenden Fall steuerlich aber nicht um einen gemeinsamen sogebannten Mehrgenerationenhaushalt mit den Eltern, sondern um zwei getrennte Haushalte – einen der Eltern im EG und einen der Brüder im OG. Dass die Brüder die Waschmaschine im EG mitbenutzen, genügt nicht für die Annahme einer Haushaltsgemeinschaft. Für die Frage der ausreichenden finanziellen Beteiligung ist deshalb allein auf den von den Brüdern im OG geführten Haushalt abzustellen. Bezüglich der Beteiligung des Angestellten an den „Hauskosten“ (Nebenkosten und Telekommunikation) und dem „Anteil neue Fenster“ brauchte der BFH nicht zu entscheiden. „Denn da die Wohnung von den Eltern im Streitjahr unentgeltlich überlassen wurde und das Finanzgericht Lebensmittel- und Getränkeeinkäufe des Klägers für sich und seinen Bruder in Höhe von 1.410,47 Euro festgestellt hat, liegt allein schon deshalb eine ausreichende finanzielle Beteiligung an dem maßgebenden Haushalt im Obergeschoss vor“ (BFH-Urteil vom 12. Januar 2023, Aktenzeichen: VI R 39/19).
Dr. Torsten Hahn ist Leiter der Abteilungen Publishing & Medienproduktion des VAA-Kooperationspartners Wolters Kluwer Steuertipps.