Gemeinsam durch die Krise
Auch 2025 wird ein schwieriges Jahr für unsere Branche. Die Entwicklung in den USA besorgt uns alle. Donald Trump hat dem freien Welthandel den Krieg erklärt. Er hat China erst den Wirtschaftskrieg erklärt, um dann halbherzig zurückzurudern, flirtet immer wieder mit Putin und will die Europäer auseinanderdividieren. Ist es ein Trost, dass hinter seinen Äußerungen und Aktionen keine durchdachte Strategie erkennbar ist? Besteht somit vielleicht Hoffnung, dass er alles, was er spontan zu veröffentlichen scheint, genauso schnell wieder zurücknehmen kann? Oder ist der Abstieg Amerikas, des Westens insgesamt, unvermeidlich? Wir wissen es nicht.
Sicher ist nur, dass wir alle von den internationalen Entwicklungen betroffen sind. Die deutsche Wirtschaft schrumpft, die Exportaussichten sind unsicher, die Arbeitslosigkeit wird steigen, die Deindustralisierung schreitet voran und im internationalen Vergleich steht Deutschland auf vielen Gebieten wie Infrastruktur und Verteidigung schlecht da. Kontinuierlich haben wir uns in den letzten Monaten auf allen Ebenen der Politik für einen starken Industriestandort eingesetzt. Lange Zeit hatte die Politik die dramatische Situation insbesondere der Chemie in Deutschland nicht verstanden. Mit der Bundestagswahl hat sich auf nationaler Ebene die Situation verbessert. Der neue Bundeskanzler Friedrich Merz ist wirtschaftsfreundlich.
Eines ist für uns klar: Der Standort Deutschland muss wettbewerbsfähiger werden! Nur so wird eine starke Chemie unternehmerischen Erfolg, Beschäftigung und sozialen Frieden garantieren können. Wir arbeiten bei den politischen Themen eng mit unseren Sozialpartnern und anderen Vertretern der Branche zusammen, also mit der IG BCE und dem BAVC, aber auch mit dem VCI, der GDCh und der DECHEMA. Wir sind dankbar, wenn andere prominente Stimmen für eine gute Industriepolitik mit strategischer Definition von ökonomisch wichtigen Branchen, niedrigen Energiekosten, funktionierender Infrastruktur und geringerer Steuerbelastung kämpfen.
Mit unseren Sozialpartnern BAVC und IG BCE weisen wir die Politik immer wieder auf die Größe der Herausforderung hin. Angesichts von derzeit mehr als 200 Restrukturierungs- oder Schließungsvorhaben in unserer Branche, die am Ende mehr als 25.000 Arbeitsplätze kosten könnten, stehen viele Standorte vor der Frage: Modernisieren oder abwandern? Auch deshalb braucht es eine mutige Transformationsoffensive des Staates – in die Energieinfrastruktur der Zukunft und bei der Förderung derjenigen Industrieinvestitionen, die sich heute betriebswirtschaftlich noch nicht rechnen. Wir brauchen niedrigere Energiepreise, Verfügbarkeit von Fachkräften, Bürokratieabbau und mehr Anreize für Produktion im Inland.
Wie fragil die Situation geworden ist, zeigt sich zum einen an dem gewachsenen Bedarf an Beratung. Zum anderen aber auch an der steigenden Mitgliedzahl, die der VAA zu verzeichnen hat. Dieses Wachstum ist für unseren Verband zwar ein Grund zur Freude. Aber die spezifischen Gründe, die diesem Wachstum zugrunde liegen, sind es natürlich nicht.
Unsere Fach- und Führungskräfte müssen ihre Verantwortung gerade in der Krise beweisen und ihre Kolleginnen und Kollegen auf diesem schwierigen Weg mitnehmen. Das macht offene und transparente Kommunikation zur Voraussetzung für den Erfolg. Wir-Gefühl und Empathie stehen dabei an oberster Stelle. Wenn es um die Vertretung der Interessen unserer Mitglieder geht, wird der VAA sie dabei unterstützen, einen erfolgreichen Weg zwischen tarifpolitischen Wünschen und betriebswirtschaftlicher Wirklichkeit des Unternehmens zu finden und dies erfolgreich zu kommunizieren.
Dr. Birgit Schwab
1. Vorsitzende des VAA
