Verringerung einer Gesamtzusage: Betriebsrat muss beteiligt werden
Verändert ein Arbeitgeber die Regelungen einer Gesamtzusage, mit der eine Sonderzahlung in Aussicht gestellt wurde, zulasten der Beschäftigten, muss er dabei den Betriebsrat beteiligen. Dafür genügt es nicht, dass der Betriebsrat die Änderung durch das Unternehmen ohne Widerspruch hinnimmt. Das hat Bundesarbeitsgericht entschieden.
Ein nichttarifgebundener Arbeitgeber hatte seinen Beschäftigten im Jahr 2008 im Rahmen einer sogenannten Gesamtzusage ein jährliches Urlaubsgeld zugesagt und in der Folge über mehrere Jahre ausgezahlt. Die genaue Höhe der Zahlung wurde vom Unternehmen jeweils im Auszahlungsjahr auf Grundlage entsprechend kommunizierter „Grundsätze“ festgelegt und unter anderem von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängig gemacht. Die Leistung wurde durch den Arbeitgeber dabei jeweils als „einmalige, freiwillige und jederzeit widerrufliche soziale Leistung“ bezeichnet, da kein Anspruch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Zukunft begründet werden sollte.
Im Jahr 2020 teilte der Arbeitgeber mit, dass die Zahlung des Urlaubsgelds für das laufende Jahr mit Blick auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens ausgesetzt werde. Drei Arbeitnehmer versuchten dennoch, die Zahlung des Urlaubgelds geltend zu machen, blieben damit aber erfolglos. Daraufhin klagten sie vor dem Arbeitsgericht, da der Arbeitgeber aus ihrer Sicht die geltenden Entlohnungsgrundsätze nicht einseitig ohne Beteilung des 2013 gegründeten Betriebsrats hätte ändern dürfen. Der Arbeitgeber argumentierte hingegen, er habe seine ursprüngliche Gesamtzusage ab dem Jahr 2014 im Hinblick auf den Kreis der Berechtigten geändert und den freiwilligen Charakter des Urlaubsgelds noch deutlicher hervorgehoben. Der Betriebsrat habe dem nicht widersprochen und somit durch schlüssiges Verhalten zugestimmt. Das Arbeitsgericht gab den Klagen der Beschäftigten statt, das Landesarbeitsgericht wies sie in der Berufung allerdings ab.
Nun hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Sinne der Arbeitnehmer entschieden (Urteil vom 21. Februar 2024, Aktenzeichen: 10 AZR 345/22). Das BAG stellte klar, dass sich aus der Gesamtzusage im Jahr 2008 ein Anspruch auf die Zahlung eines Urlaubsgelds ergibt, über dessen Höhe der Arbeitgeber jährlich nach billigem Ermessen zu entscheiden hat. Hätte das Unternehmen die Regelungen zulasten der Arbeitnehmer wirksam ändern wollen, hätte es den Betriebsrat ab seiner Gründung im Jahr 2013 beteiligen müssen. Da dies nicht geschehen war, galt die Gesamtzusage in unveränderter Form fort. Die Reduzierung des Urlaubsgelds auf null entsprach aus Sicht des BAGs dem erforderlichen billigen Ermessen nicht, da der Arbeitgeber dafür keine ausreichenden Argumente vorgetragen hatte. Es sei nicht ersichtlich, dass es sich bei der wirtschaftlichen Lage um eine Ausnahmesituation mit Ergebnissen außerhalb der normalen Schwankungsbreiten gehandelt hätte. Im Rahmen einer sogenannten Ersatzleistungsbestimmung sprach das BAG den Arbeitnehmern das Urlaubsgeld in voller Höhe zu.
VAA-Praxistipp
Das BAG hat in seinem Urteil darauf hingewiesen, dass die bloße Hinnahme eines mitbestimmungswidrigen Verhaltens des Arbeitgebers durch den Betriebsrat für eine Mitbestimmung nicht ausreicht. Die mitbestimmungswidrigen Änderungen der Gesamtzusage waren somit rechtlich unwirksam und die Arbeitnehmer konnten sich auf einen entsprechenden Anspruch berufen.