Arbeitszimmer: „Erforderlichkeit“ ist keine Voraussetzung!
In der Rubrik Steuer-Spar-Tipp des VAA Newsletters geben die Experten des VAA-Kooperationspartners Akademische Arbeitsgemeinschaft Verlag jeden Monat Ratschläge zur Steueroptimierung.
Um die Kosten für ein Arbeitszimmer bei den Werbungskosten beziehungsweise Betriebsausgaben geltend zu machen, ist ein Arbeitszimmer für die Tätigkeit des Steuerpflichtigen nicht erforderlich ist: Wird ein Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche oder berufliche Zwecke genutzt, genügt das für den Abzug. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.
Wann ist ein Arbeitszimmer absetzbar?
Die Kosten, die für ein häusliches Arbeitszimmer anfallen, können in der Steuererklärung grundsätzlich nicht als Werbungskosten abgezogen werden (§ 9 Abssatz 5 in Verbindung mit § 4 Absatz 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 des Einkommensteuergesetzes).
Von diesem Grundsatz gibt es aber Ausnahmen:
- Wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, können Aufwendungen bis zu 1.250 Euro im Rahmen der Einkommensteuer anerkannt werden.
- Bildet das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, können die Kosten unbegrenzt in voller Höhe abgezogen werden.
BFH: Begriff der Erforderlichkeit keine zu überprüfende Abzugsvoraussetzung
Der vom BFH bereits 2019 entschiedene, aber erst jetzt veröffentlichte Fall betraf eine Flugbegleiterin, die in ihrer Einkommensteuererklärung Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer geltend gemacht hatte. Dieses benötigte sie für die Flugvorbereitungen und Flugnachbereitung oder Fortbildungen wie zum Beispiel Erste-Hilfe-Auffrischungen und Emergency-Übungen. Die Fluggesellschaft bestätigte, dass ihr grundsätzlich kein individueller Arbeitsplatz zur Verfügung stand.
Dem erstentscheidenden Finanzgericht Düsseldorf reichte das für die Anerkennung von Werbungskosten jedoch nicht aus. Die Flugbegleiterin hatte nämlich tatsächlich nur insgesamt 51 Stunden im häuslichen Arbeitszimmer gearbeitet. Das entsprach etwa drei Prozent ihrer Gesamtarbeitszeit. Ihre hauptsächliche Arbeit fand an der regelmäßigen Arbeitsstätte statt, also im Flugzeug oder am Flughafen. Für diesen geringen Umfang, so das Finanzgericht Düsseldorf, seien das Vorhalten eines Arbeitszimmers und eine ausschließliche berufliche Nutzung des Raumes nicht glaubhaft, die anfallenden Arbeiten hätte sie auch zum Beispiel am Küchentisch erledigen können.
Die Flugbegleiterin zog weiter vor den BFH und hatte dort Erfolg. Die Richter erklärten: Das Gesetz regele, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer abziehbar sind. Insoweit typisiere das Gesetz die Erforderlichkeit der beruflichen oder betrieblichen Nutzung des Arbeitszimmers für die Fälle, dass kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht oder das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten Betätigung bildet, ohne den Begriff der Erforderlichkeit zu einer zu überprüfenden Voraussetzung für den Abzug zu machen. Ob der Steuerpflichtige die Arbeiten, für die ihm kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, leicht an einem anderen Ort in der Wohnung – am Küchentisch, im Esszimmer oder in einem anderen Raum – hätte erledigen können, ist deshalb unerheblich (BFH-Urteil vom 3. April 2019, Aktenzeichen: VI R 46/17).
Dr. Torsten Hahn ist Chefredakteur des Informationsdienstes SteuerSparTipps des VAA-Kooperationspartners Akademische Arbeitsgemeinschaft Verlag.