CareFlex Chemie: Pflegezusatzversicherung mit Tücken
Es wird eine Zeit nach der Coronapandemie geben. Spätestens wenn ein wirksamer und sicherer Impfstoff für das Virus gefunden ist, wird sich unser aller Leben privat wie beruflich langsam normalisieren, auch wenn die Nachwirkungen noch lange spürbar sein werden. Dann werden Themen wieder in den Vordergrund treten, die aufgrund der Pandemie zeitweise hintenangestellt wurden. Zum Beispiel die demografische Entwicklung. Die Menschen in Deutschland werden immer älter und die damit verbundenen organisatorischen und finanziellen Herausforderungen durch die Pflege wachsen. Der Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) und die Industriegewerkschaft Bergbau Chemie Energie (IG BCE) haben sich darauf eingestellt und in der Chemiebranche beim letzten Tarifabschluss die arbeitgeberfinanzierte Pflegezusatzversicherung „CareFlex Chemie“ ins Leben gerufen. Die Versicherung sieht vor, dass die Tarifbeschäftigten der Branche ab Juli 2021 ohne Gesundheitsprüfung im Pflegefall bei ambulanter Pflege 300 Euro monatlich und bei stationärer Pflege 1.000 Euro monatlich erhalten. Die Leistungen können privat aufgestockt werden und auch eine Absicherung von Familienangehörigen ist möglich.
Ein gutes Paket also, dessen Kosten in Höhe von 33,65 Euro pro Mitarbeiter und Monat die Arbeitgeber tragen. Bedauerlich ist aus Sicht des VAA, dass die außertariflichen und leitenden Angestellten von dieser Lösung nicht systematisch erfasst werden. Der VAA hatte der IG BCE im Vorfeld der Tarifverhandlungen vorgeschlagen, gemeinsam einen entsprechenden Flächentarifvertrag abzuschließen, damit alle Arbeitnehmer – also auch außertarifliche und leitende Angestellte – automatisch in den Genuss der Pflegezusatzversicherung kommen. Diesen Vorschlag hat die IG BCE abgelehnt.
Jetzt ist in einzelnen Unternehmen erfreulicherweise entschieden worden, die Pflegezusatzversicherung 2021 allen Arbeitnehmern anzubieten. Diese nachträgliche Ausweitung des Versichertenkreises mag für die Betroffenen erst einmal gut klingen, hat aber Tücken. Denn die für die Abwicklung der Versicherung erforderliche Datenverarbeitung erfolgt über die IG BCE Bonusassekuranz. Das heißt: Eine Nutzung der arbeitgeberfinanzierten Pflegeversicherung ist nur bei gleichzeitiger Weitergabe persönlicher Arbeitnehmerdaten an die IG BCE möglich. Natürlich ist diese Datenweitergabe zweckgebunden und die Mitarbeiter werden – wie es das Datenschutzrecht verlangt – darüber informiert und können widersprechen. Und selbstverständlich wird die IG BCE alle Vorgaben des Datenschutzes beachten.
Dennoch hinterlässt diese Lösung bei mir persönlich ein ungutes Gefühl. Die außertariflichen und leitenden Angestellten sollen ihre Daten an die IG BCE geben, um einen überschaubaren finanziellen Vorteil in Form einer günstigen Versicherungsleistung zu erhalten und müssen dieser Datenweitergabe sogar explizit widersprechen, wenn sie nicht einverstanden sind? Das ist meines Erachtens etwas grenzwertig. Möglicherweise kann sich in der Umsetzungsphase auch bei dem einen oder anderen betroffenen Arbeitnehmer Widerspruch regen. Ein gemeinsames Vorgehen von VAA und IG BCE hätte hier sicherlich einen besseren Weg ermöglicht.
Gerhard Kronisch, Hauptgeschäftsführer des VAA
