Blühende (Berater-)Landschaften – Beratungsumsatz in Deutschland steigt immer weiter
Das Beratungsgeschäft in Deutschland boomt – trotz der Kritik, die hinsichtlich fehlender Umsetzungsorientierung, mangelhaften Gespürs für kulturelle und soziale Notwendigkeiten und überhöhter Honorare in der Praxis insbesondere von Betriebsräten immer wi
Auch wenn die Berateraffäre im Bundesverteidigungsministerium unlängst dem Image des Berufsstandes öffentlichen Schaden zugefügt hat – insgesamt laufen die Geschäfte für Managementberater in Deutschland glänzend. Der Beratungsumsatz im Inland wird für das Jahr 2019 auf circa 36 Milliarden Euro geschätzt und hat sich damit gegenüber 2010 annähernd verdoppelt.
Wachstum – zehn Jahre in Folge
Im Zuge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 und 2009 haben insbesondere Großunternehmen ihre Budgets für Managementberatung teilweise deutlich zusammengestrichen. Als Konsequenz aus dieser Entwicklung ging der Umsatz auf dem Markt für Managementberatung in Deutschland von 2008 auf 2009 um fünf Prozent zurück. Doch nach dieser schmerzlichen Erfahrung für McKinsey und Co. sind die Unternehmen wieder deutlich offensiver geworden beim Einsatz von Consultants. Seit 2009 ist der Beratungsumsatz in Deutschland Jahr für Jahr gestiegen, in einigen Jahren sogar um mehr als zehn Prozent gegenüber dem jeweiligen Vorjahr.
Verstärkter Beratungsbedarf
Marktbeobachter wie Prof. Dietmar Fink von der Hochschule Bonn-RheinSieg benennen vor allem drei Themenfelder, die für wachsenden Umsatz der Beratungsunternehmen sorgen. Einerseits erfordert die grundlegende Transformation im Zuge fortschreitender Digitalisierung Know-how und Expertise, über das viele Unternehmen nicht in ausreichendem Maße verfügen. Zusätzlich verstärken umwelt- und gesellschaftspolitische Trendwenden den Veränderungsdruck erheblich. So bereitet sich derzeit die Automobilbranche intensiv auf das Ende des Verbrennungsmotors vor und hat dabei im Jahr 2019 hat in Deutschland circa fünf Milliarden Euro für Managementberatung verausgabt. Darüber hinaus erlebt ein „Klassiker“ aus dem Leistungsangebot der Berater gegenwärtig eine Renaissance: Viele Unternehmen legen angesichts der weltweiten Konjunkturabkühlung Sparprogramme auf und setzen dazu auf externe Unterstützung.
Sinnvolle Einsatzmöglichkeiten trotz berechtigter Kritik
In der Praxis wird von Betriebsräten in konkreten Fällen immer wieder (berechtigte) Kritik am Einsatz von Consultants geäußert, die insbesondere fehlende Umsetzungsorientierung, mangelhaftes Gespür für kulturelle und soziale Notwendigkeiten und überhöhte Honorare betreffen. Eine daraus abgeleitete, generelle Verweigerungshaltung gegenüber Beratereinsätzen ist jedoch keine sachgerechte Strategie und kann sich auch nicht auf einschlägige Mitbestimmungsrechte stützen. Dass es für die Hinzuziehung von externem Sachverstand gute Argumente gibt, wissen viele Betriebsräte aus ihrem eigenen Arbeitsumfeld: Auch sie greifen bei komplizierte Sachthemen wie zum Beispiel der Einführung neuer IT-Technologien oder einer geplanten Betriebsänderung auf den Rat von Experten zurück. Die gleichen (hoffentlich guten) Argumente, die für den Einsatz von Sachverständigen zur Unterstützung der Arbeit der Interessenvertreter sprechen, sollten Betriebsräte grundsätzlich auch beim Einsatz von Unternehmensberatern gelten lassen. Einer gefährlichen Tendenz hinter der zunehmenden Beauftragung sollten Interessenvertreter jedoch nach Kräften entgegenwirken: In einem Handelsblatt-Interview im Januar 2020 attestierte Prof. Fink vielen Unternehmen, dass sie im Zuge von Verschlankungswellen die Fähigkeit und die Kapazität eingebüßt haben, große und globale Projekte zu managen. Hier wird der Beratungseinsatz zu einer teuren und riskanten „Ersatzhandlung“, um fehlende interne Kapazitäten zu kompensieren.
Dr. Christof Balkenhol ist Geschäftsführer der MatrixPartner Beratungs GmbH. Foto: MatrixPartner
Hans-Peter Günter verantwortet bei Matrix-
Partner den Themenbereich „HR“. Foto: MatrixPartner