Erstausbildung: Werbungskostenabzug rückt näher
In der Rubrik Steuer-Spar-Tipp des VAA Newsletters geben die Experten des VAA-Kooperationspartners Akademische Arbeitsgemeinschaft Verlag jeden Monat Ratschläge zur Steueroptimierung.
Seit Jahren wird vor dem Bundesverfassungsgericht gestritten, ob die Kosten einer Erstausbildung (wieder) als Werbungskosten abzugsfähig sein sollten. Genauso lange raten wir unseren Lesern, in der Steuererklärung Werbungskosten dafür geltend zu machen. Das sieht jetzt auch die Bundesrechtsanwaltskammer so.
Im Jahr 2014 hat der Bundesfinanzhof (BFH) dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass die Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten sind, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Diese Frage birgt jede Menge finanzielle Auswirkungen. Denn: Im Moment sind die Kosten einer Erstausbildung nur im Rahmen der Sonderausgaben und in Höhe von maximal 6.000 Euro pro Jahr absetzbar. Sonderausgaben wirken sich aber vereinfacht ausgedrückt nur dann aus, wenn auch ein nennenswerter Verdienst vorliegt – was während der ersten Ausbildung eher selten der Fall ist. Werbungskosten dagegen "verfallen" nicht, sondern können in späteren Jahren zum Steuern sparen genutzt werden.
Die ganze Geschichte hat natürlich schon viel früher angefangen: Mitte 2011 hatte der BFH entschieden, dass die Kosten eines Erststudiums oder einer Erstausbildung direkt nach dem Schulabschluss nicht nur als Sonderausgaben, sondern auch als vorweggenommene Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgesetzt werden können. Damit hätten viele Studenten und Auszubildende beim Finanzamt einen Verlustvortrag beantragen und in den späteren Berufsjahren ihre Ausbildungskosten steuermindernd verrechnen können. Doch der Gesetzgeber hat diese Rechtsprechung durch eine Gesetzesänderung wieder einkassiert und rückwirkend bestimmt, dass die Kosten nur bis maximal 6.000 Euro als Sonderausgaben angesetzt werden können. Ein Verlustvortrag ist damit nicht möglich.
Das Bundesverfassungsgericht hat nun die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) um eine Stellungnahme dazu gebeten, ob § 9 Absatz 6 Einkommensteuergesetz mit dem Grundgesetz vereinbar ist, soweit nach dieser Vorschrift Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung bzw. ein erstmaliges Studium nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
Die BRAK schreibt: "Nach Auffassung der Bundesrechtsanwaltskammer verdient die Einschätzung des BFH Zustimmung. [...] Der BFH formuliert plastisch, Aufwendungen für die Ausbildung zu einem Beruf seien geradezu prototypisch“ beruflich veranlasst. Nach Auffassung der Bundesrechtsanwaltskammer steht außer Frage, dass die Aufnahme eines Studiums typischerweise erfolgt, um hiermit die Grundlagen und die Voraussetzungen für eine spätere berufliche Tätigkeit zu erlangen, die der (künftigen) Existenzsicherung des Steuerpflichtigen dient." Die BRAK ist also auch der Meinung, dass für eine Erstausbildung der Abzug von Werbungskosten möglich sein sollte.
Wie geht es jetzt weiter?
Natürlich handelt es sich bei der Stellungnahme nicht um eine Entscheidung. Und natürlich müssen die Verfassungsrichter auch nicht der Meinung der BRAK folgen. Aber die Chancen stehen unseres Erachtens gut, dass der Werbungskostenabzug für die erste Ausbildung oder das erste Studium (wieder) möglich wird.
Von daher gilt heute mehr denn je: Machen Sie die Kosten für Ihre erste Ausbildung beziehungsweise Ihr erstes Studium in der Steuererklärung als Werbungskosten geltend!Im Steuerbescheid wird Ihnen das Finanzamt mitteilen, dass es die Werbungskosten nicht anerkennt. Das ist aber im Moment völlig egal, und Sie brauchen auch nichts zu unternehmen. Denn das Finanzamt darf erst endgültig "nein" (oder "ja") sagen, wenn das Bundesverfassungsgericht entschieden hat. Der Steuerbescheid ist insoweit "offen" oder "vorläufig": Sie müssen nicht Einspruch einlegen, um von einer positiven Entscheidung zu profitieren – einfach nur abwarten.
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Dr. Torsten Hahn ist Chefredakteur des Informationsdienstes SteuerSparTipps des VAA-Kooperationspartners Akademische Arbeitsgemeinschaft Verlag.