Dialog & Espresso: Erfolgsrezept Kommunikation
In der Serie Dialog & Espresso wirft der VAA Newsletter im Vorfeld der Betriebsratswahlen 2014 einen Blick auf einen der vielfältigsten Jobs des deutschen Wirtschaftslebens: den Betriebsrat. In dieser Ausgabe kommen Dr. Uwe Gierlich (Boehringer Ingelheim
VAA Newsletter: Sie sind beide Vorsitzende eines Betriebsrates. Wie kam es dazu?
Ter Meer: Unser Standort in Sulzbach ist ein Verwaltungsstandort, an dem wir einen relativ hohen AT-Anteil haben. Die letzte Wahl war die erste an diesem neu gegründeten Standort. Da es nur eine Liste gab, auf der sowohl Vertreter von VAA und IG BCE als auch Nichtorganisierte gemeinsam kandidierten, haben wir eine Persönlichkeitswahl durchgeführt. So konnte die Belegschaft auswählen, wen sie für die Vertretung der eigenen Interessen für besonders geeignet hält. Letzten Endes wurde ich dann zum Vorsitzenden gewählt. Ich war zuvor bereits an einem anderem Standort stellvertretender Vorsitzender des Betriebsrates. Angetreten bin ich damals, weil ich den Eindruck hatte, dass die Interessen der AT-Mitarbeiter im Unternehmen durch den Betriebsrat nicht ganz so intensiv vertreten wurden. Gleichzeitig war in unserem amerikanisch geführten Unternehmen ein mangelndes Verständnis für die Wichtigkeit der Betriebsratsarbeit festzustellen. Gerade amerikanische Vorgesetzte, die in Führungspositionen Einfluss genommen haben, konnten mit Betriebsräten nicht viel anfangen oder beachteten die Mitbestimmungsrechte nicht. Ich habe selbst länger im englischsprachigen Ausland gearbeitet und hielt es für wichtig, dass jemand im Betriebsrat mitarbeitet, der diese Denkweise etwas besser versteht. Außerdem wurde dadurch auch die Kommunikation einfacher. Persönlich war und ist für mich wichtig, dass ich die sozialen Aspekte von Entscheidungen und Entwicklungen, die ich im Unternehmen sehe, im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter positiv mitgestalten möchte.
VAA Newsletter: Und wie war das vor vier Jahren bei Ihnen, Herr Gierlich?
Gierlich: Ich bin der Betriebsratsvorsitzende der beiden Tiergesundheitsgesellschaften, die Boehringer Ingelheim am Standort Ingelheim hat. Bei uns gibt es einerseits Forschung und Entwicklung und andererseits sehr viel Verwaltung. Das heißt, über 60 Prozent unserer Arbeitnehmer bei den beiden Gesellschaften hier sind außertariflich angestellt. Im Jahr 2009 ist der alte Betriebsrat geschlossen zurückgetreten. Gründe dafür waren, dass ein Teil des damaligen Betriebsrates in den Vorruhestand gegangen ist, aber auch, dass sich das Gremium über die Erstellung einer Betriebsvereinbarung zur AT-Vergütung völlig mit dem Management überworfen hatte. Daraufhin wurden sowohl vonseiten der Mitarbeiter als auch vonseiten des Managements gezielt Kollegen angesprochen, die von ihrem Werdegang für eine Betriebsratstätigkeit geeignet erschienen. Im Laufe der Zeit hat sich herauskristallisiert, wer ein stärkeres Interesse an einer Mitarbeit hat. Ich selbst bin jetzt in meinem 19. Jahr bei Boehringer und habe während dieser ganzen Zeit schon immer versucht, mich für Kolleginnen und Kollegen einzusetzen. Außerdem bin ich von meiner Natur aus jemand, der nicht nur meckert, wenn ihm etwas nicht gefällt, sondern gern auch mit anpackt. Vielleicht hat man mir deshalb eine gewisse Sozialkompetenz zugestanden.
Wir hatten uns jedenfalls vor der konstituierenden Sitzung des Betriebsrates überlegt, dass ich den Vorsitz übernehme, wenn alles so kommt, wie wir es uns denken. Und so war es dann auch. Bei der durchgeführten Persönlichkeitswahl wurden die Mitglieder des alten Betriebsrates abgewählt und der neue Betriebsrat besteht seitdem aus Personen, die bis dahin keine Betriebsratserfahrung hatten. Letztendlich haben wir mit Wirkung zum 1. Oktober diesen Jahres eine Konzern- Betriebsvereinbarung zur AT-Vergütung abschließen können, was ein großer Erfolg ist. […]
Dr. Hans-Ulrich ter Meer und Dr. Uwe Gierlich (Fotos: VAA)
VAA Newsletter: Sie sind als Vorsitzende von Standortbetriebsräten zugleich in den standortübergreifenden Betriebsratsgremien Ihrer Unternehmen aktiv. Wo liegen aus Ihrer Sicht die größten Unterschiede?
Gierlich: Die Handlungsmacht des Konzernbetriebsrates ist natürlich eine ganze andere als beim lokalen Betriebsrat, weil der Konzernbetriebsrat sehr häufig das allerhöchste Management als Gesprächs- und Verhandlungspartner hat. Und in unserem Konzernbetriebsrat ist die IG BCE sehr stark vertreten. Wir ziehen da auf der fachlichen Ebene durchaus an einem Strang. Aber man muss schon sagen, dass bei den großen, produktionsgetriebenen Standorten die AT-Themen nicht so intensiv verfolgt werden, wie wir das bei uns gewohnt sind. Gerade deshalb ist es gut, dass wir als VAA im Konzernbetriebsrat vertreten sind und sagen können: Hört zu, die AT-Mitarbeiter sind genauso wichtig wie die Tarifmitarbeiter. Denn wir als Betriebsratsmitglieder des VAA sind ja auch für die Tarifmitarbeiter da.
Ter Meer: Wir haben an unseren Standorten meistens mehrere Gesellschaften und deswegen jeweils einen Gemeinschaftsbetriebsrat. Die Gemeinschaftsbetriebsräte bilden dann den Gesamtbetriebsrat. Der ist überwiegend durch den größten Standort Höchst bestimmt, der wiederum aufgrund der vielen Tarifmitarbeiter stark von der IG BCE geprägt ist. Ich sehe das ähnlich wie Herr Gierlich: Man hat da manchmal etwas unterschiedliche Schwerpunkte und Problemlagen. Dann muss man versuchen, über Gespräche entsprechende konstruktive Lösungen zu finden, damit auch die AT-Interessen ausreichend vertreten werden. Aber im Großen und Ganzen haben wir ein sehr gutes Verhältnis zu unseren Kollegen aus den anderen Gremien und versuchen, immer Lösungen im Konsens zu finden.[...]
Die ungekürzte Fassung des Interviews ist in der Dezember-Ausgabe 2013 des <link http: www.vaa.de publikationen publikationen-magazin internal-link internal link in current>VAA Magazins erschienen.