Gewährter Urlaub ist unantastbar
Arbeitgeber können bereits genehmigten Urlaub nicht widerrufen. Vereinbarungen über einen Abbruch des Urlaubs zur vorzeitigen Rückkehr an den Arbeitsplatz sind rechtlich nicht haltbar. Das hat das Arbeitsgericht Lörrach entschieden.
Eine Leitende Angestellte im Bereich der pharmazeutischen Entwicklung befand sich in ihrem Jahresurlaub in Costa Rica. Da in ihrer Abteilung ein Personalabbau geplant wurde, setzte sich der Arbeitgeber während des Urlaubs mehrfach telefonisch mit ihr in Verbindung, um sie als Vorgesetzte der Abteilung in die geplanten Maßnahmen einzubinden. Der Arbeitgeber behauptete zudem, mit der Mitarbeiterin deren vorzeitige Rückkehr aus dem Urlaub vereinbart zu haben. Die Arbeitnehmerin führte ihren Urlaub jedoch wie geplant fort. Der Arbeitgeber sprach ihr deshalb die Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen aus. Dagegen klagte die Arbeitnehmerin mit Unterstützung des VAA.
Die Kammer Radolfzell des Arbeitsgerichts Lörrach entschied, dass die Kündigung unwirksam war. Zugleich fand das Gericht sehr deutliche Worte zum Umgang mit dem Urlaub von Führungskräften: Der Arbeitgeber müsse sich bei der Urlaubsbeantragung entscheiden, ob er dem Urlaubswunsch nachkomme oder aus dringenden betrieblichen Gründen Urlaub zum beantragten Zeitpunkt nicht genehmige. Wenn er den Urlaub genehmige, könne er ihn nicht widerrufen.
Erholungszweck gilt auch für Führungskräfte
Dies gilt nach Auffassung des Gerichts auch und gerade bei Leitenden Angestellten und Führungskräften. Der Erholungszweck des Urlaubs werde weder durch die berufliche Stellung noch durch die Vergütung eines Mitarbeiters relativiert. Erholung durch Gewährung von Jahresurlaub komme nicht nur dem Arbeitnehmer, sondern auch dem Arbeitgeber zugute. Denn der Erholungsurlaub dient der Erhaltung und Wiederauffrischung der Arbeitskraft.
Die Zunahme von Erkrankungen wie dem so genannten Burnout-Syndrom belegt nach Ansicht des Arbeitsgerichts eine gesellschaftliche Fehlentwicklung. Indem Arbeitgeber eine ständige Erreichbarkeit ihrer Mitarbeiter einforderten, förderten sie diese Fehlentwicklung.
Wörtlich heißt es in dem Urteil: „Es erscheint geradezu grotesk, dass die Beklagte den von ihr selbst kurzfristig beschlossenen Stellenabbau und die damit aus ihrer Sicht verbundene Notwendigkeit der Führung von Trennungsgesprächen für derart bedeutend, überraschend und zeitlich nicht aufschiebbar hielt, dass sie hierfür die Klägerin aus dem genehmigten Jahresurlaub aus Costa Rica zurückrufen wollte.“
Ob tatsächlich eine Vereinbarung über einen Urlaubsabbruch bestand, konnte nach Auffassung des Arbeitsgerichts dahinstehen, da eine derartige Vereinbarung ohnehin unwirksam wäre.
VAA-Praxistipp
Mit dem Urteil hat das Arbeitsgericht deutlich gemacht, dass der Arbeitgeber grundsätzlich an eine gegebene Urlaubszusage gebunden ist. Dies gilt uneingeschränkt auch für Führungskräfte.