Steuertipp: Neue Tücken beim Kindergeld
In der Rubrik Steuer-Spar-Tipp des VAA Newsletters geben die Experten des VAA-Kooperationspartners Akademische Arbeitsgemeinschaft Verlag jeden Monat Ratschläge zur Steuer-Optimierung.
Die Einkommensgrenze und die komplizierte Berechnung der Einkünfte und Bezüge für volljährige Kinder fallen ab 2012 weg. Wer aber erwartet, dass die neue Regelung einfacher ist, dürfte enttäuscht sein. Viele Eltern ahnen noch gar nicht, was auf sie zukommt: Denn es kann passieren, dass sich von 2011 auf 2012 nichts an ihren Verhältnissen ändert, aber trotzdem das Kindergeld wegen der Neuregelung entfällt.
Wie bisher bekommen Eltern für ein volljähriges Kind nur dann Kindergeld, wenn es sich zum Beispiel in Ausbildung befindet, noch einen Ausbildungsplatz sucht, in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten ist oder ein anderer Berücksichtigungsgrund vorliegt. Einkommen und Vermögen des Kindes spielen keine Rolle. Das Thema »Berufsausbildung« hat es allerdings in sich: Bis 2011 wurde zum Beispiel nicht unterschieden, ob sich das Kind in der ersten Berufsausbildung befindet oder ob es schon eine zweite Berufsausbildung absolviert; die Regeln zur Einkommensgrenze waren in beiden Fällen gleich. Ab 2012 wird sehr genau zwischen erster und zweiter Berufsausbildung unterschieden – mit teils unerwarteten Folgen.
Erste oder zweite Berufsausbildung?
Ob das Kind während der Berufsausbildung arbeitet (zum Beispiel neben dem Studium jobbt) und wie viel es dabei verdient, spielt keine Rolle mehr – allerdings nur während der ersten Berufsausbildung. In der ersten Berufsausbildung befindet sich das Kind so lange, bis die Ausbildung durch eine Prüfung abgeschlossen ist. Ein paar Einzelfälle, die die Problematik verdeutlichen:
• Ausbildung zum Rettungssanitäter: Wurde diese Ausbildung zum Beispiel während eines Freiwilligen Sozialen Jahres vor dem Studium erfolgreich abgeschlossen, liegt eine erstmalige Berufsausbildung vor.
• Bachelor-Studium: Mit erfolgreichem Abschluss ist die erste Berufsausbildung beendet. Das Master-Studium ist eine weitere Ausbildung.
Wichtig: Wenn die erste Berufsausbildung abgeschlossen ist, geht das Kindergeld nicht automatisch verloren. Erst wenn das Kind eine »schädliche« Erwerbstätigkeit ausübt oder zu viel arbeitet, steht das Kindergeld auf dem Spiel. Will die Familienkasse das Kindergeld nach Abschluss der ersten Berufsausbildung streichen, sollten Eltern darlegen, warum sie für ihr Kind weiterhin Kindergeld bekommen müssen. Ein Formular dafür gibt es noch nicht. Ein formloses Schreiben, in dem der Fall möglichst genau geschildert wird, reicht aus.
Absolviert das Kind eine weitere Berufsausbildung, darf es nicht mehr als 20 Stunden pro Woche erwerbstätig sein oder nur einen Mini-Job ausüben. Ein Ausbildungsdienstverhältnis ist ebenfalls »unschädlich«.
Zur »Erwerbstätigkeit« zählen nichtselbständige Arbeit, Land- und Forstwirtschaft, gewerbliche und selbstständige Tätigkeit. Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung gehören nicht dazu. Das ist ungerecht und unseres Erachtens verfassungsrechtlich bedenklich.
Nach dem Gesetz ist eine Erwerbstätigkeit bis zu einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von bis zu 20 Stunden unschädlich. Die Finanzverwaltung akzeptiert bei einer nichtselbstständigen Tätigkeit eine Ausweitung der Beschäftigung auf über 20 Stunden pro Woche für eine vorübergehende Zeit von höchstens zwei Monaten.
Arbeitet ein Kind also während des Studiums wöchentlich 15 Stunden und in den Semesterferien Vollzeit, ist das zunächst kein Problem. Ob es im Schnitt die 20-Stunden-Grenze einhält, muss aber wieder kompliziert berechnet werden.
Haltung der Finanzverwaltung
Ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 07.12.2011 sollte eigentlich zur Klärung von Zweifelsfragen beitragen, verstößt jedoch gleichzeitig gegen den Gesetzeswortlaut. In § 32 Abs. 4 Satz 2 Einkommenssteuergesetz heißt es: »Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung und [red. Anmerkung: also kumulativ!] eines Erststudiums wird ein Kind ... nur berücksichtigt, wenn ...«
Laut Gesetz steht Eltern für ein studierendes Kind also auch dann noch ohne weitere Voraussetzungen Kindergeld zu, wenn es bereits eine abgeschlossene nichtakademische Berufsausbildung oder ein anderes abgeschlossenes Studium vorweisen kann! Die Verwaltung will das jedoch nicht gelten lassen. Sie liest das »und« als »oder«! Neben dem BMF hat sich auch das Bundeszentralamt entsprechend geäußert. Hat ein Kind eine Berufsausbildung erfolgreich absolviert, sollen die Eltern das Kindergeld nur noch dann erhalten, wenn ihr Kind keiner schädlichen Erwerbstätigkeit nachgeht. Fazit: Streit ist bei diesem Thema absehbar. Die vielen Einzelfragen werden in Zukunft die Gerichte beschäftigen.
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