Deutsche CEOs auf den Rängen
Auf dem Parkett der besten Topmanager glänzen andere: Das renommierte Wirtschaftsmagazin „Harvard Business Review“ hat vor kurzem die 50 erfolgreichsten CEOs der Welt gekürt. Erstmals, so der eigene Anspruch, sollte ein verlässliches, universell vergleichbares und mit „harten“ Fakten unterfüttertes Managerranking erstellt werden. Wissenschaftler der französischen Business School INSEAD haben dafür fast 2.000 CEOs aus aller Welt miteinander verglichen und diese hieb- und stichfesten Bewertungskriterien unterworfen. Das Resultat: aus deutscher Sicht eher bescheiden. Mit dem RWE-Vorstandschef Harry Roels, einem gebürtigen Niederländer, schaffte es lediglich ein CEO eines deutschen Unternehmens auf Platz 34 der vom Apple-Boss Steve Jobs angeführten Liste.
Müssen wir jetzt die Stirn in Sorge falten? Wo sind die deutschen Vorstände? Wieder einmal zeigt sich, dass unsere Manager ihre Aufgaben nicht meisterhaft, sondern mittelmäßig erfüllen. Wieder einmal bestätigt sich die vor allem im Ausland weitverbreitete These, der Wirtschaftsriese Deutschland sei schwerfällig und komme nicht so recht von der Wachstumsbremse herunter. Aber Halt: Ehe wir voreilige Schlüsse aus dem Ergebnis des Rankings ziehen, lohnt es sich, die Bewertungskriterien etwas genauer zu hinterfragen. Der Schein kann bekanntlich trügen.
Maßgeblich für dieses Ranking waren drei Faktoren: industriebereinigte Rendite, länderbereinigte Rendite und die Veränderung der Marktkapitalisierung eines Unternehmens. Ein guter CEO, so die Autoren der Studie, müsse es schaffen, alle Werte um ein Vielfaches zu steigern. Um das Resultat nicht durch Auswirkungen kurzfristiger Marktkapriolen und Spekulationen zu verfälschen, wurde die gesamte Amtsperiode der jeweiligen CEOs betrachtet. Doch darf man sich bei der Bewertung der Leistung von Topmanagern ausschließlich am Shareholder Value orientieren?
Börsenwert und Rendite sind ohne Zweifel wichtig. Auch bieten sie einen einheitlichen Maßstab, der für alle CEOs gleichermaßen gilt. Aber sie greifen zu kurz, wenn es um den Vergleich verschiedener Unternehmenskulturen geht.
Entscheidungsprozesse im konsensualen kontinentaleuropäischen Modell sind z.B. weit weniger straff als im autoritär geprägten angelsächsischen. Untersuchungen des Instituts für Internationale Managementstudien an der Johannes Kepler Universität in Linz haben ergeben: Je höher und einseitiger die Ausrichtung eines Unternehmens auf den Aktienwert, desto geringer der Partizipationsgrad. Daher sind deutsche CEOs bei dieser einseitigen Bewertungsgrundlage per se im Nachteil. Die Komponente der Partizipation, die dem INSEAD-Ranking vollkommen fehlt, darf aber keinesfalls unterschätzt werden. Sie fördert das gegenseitige Vertrauen, steigert die Akzeptanz von Unternehmensstrategien in der Belegschaft und damit auch die Produktivität. Auch dies ist mittlerweile empirisch belegt.
Dualistische Unternehmensführung und betriebliche Mitbestimmung mögen vielleicht kurzfristig Entscheidungsabläufe etwas komplexer machen – langfristig tragen sie zur Stärkung der Wirtschaftskraft bei. Ein sorgsam austariertes Verhältnis von Vertrauen und Kontrolle zwischen Unternehmensführung, Führungskräften und Arbeitnehmern ist eine Voraussetzung erfolgreicher Corporate Governance. Ein guter CEO ist sowohl Shareholdern (Aktionären) als auch Stakeholdern (Interessenvertretern) verpflichtet. Zu letzteren gehören auch die Arbeitnehmer vor Ort, die ein ureigenes Interesse am Erfolg ihres Unternehmens haben.
Lassen wir uns also von einem Ranking, das mehr Fragen aufwirft als es Antworten gibt, nicht den Kopf verdrehen. Es ist nicht das erste und beileibe nicht das letzte dieser Art. Grund zur Freude liefert es nicht, aber letztlich treibt es mir keine zusätzlichen Sorgenfalten auf die Stirn.