Gutes Klima für Chancen
Bereits seit Monaten hat sich die Fridays-for-Future-Bewegung mit ihren mittlerweile weltweiten Demonstrationen einen festen Platz in den Nachrichten erarbeitet. Und die Schüler und Studenten denken gar nicht daran, aus den Schlagzeilen zu verschwinden. Im Gegenteil: Auf dem UN-Klimagipfel Ende September in New York hat die Gallionsfigur der jungen Klimaschützer Greta Thunberg das ihr gebotene Podium effektiv zu nutzen vermocht und der versammelten Politprominenz einmal mehr medientauglich ins Gewissen geredet. Gewiss lässt sich über Greta streiten, ob über ihre Treibhausgasbilanz bei der Anreise zu hoher See, ihre exzellenten PR-Berater oder auch den Nutzen von Schulstreiks an sich. Aber die junge Aktivistin hat der Welt einmal mehr die Dringlichkeit vor Augen geführt, mit der die Herausforderungen des Klimawandels angegangen werden müssen.
Durch große Reden allein lässt sich die Klimakrise allerdings nicht lösen. Vielmehr erfordert effektiver Klimaschutz eine Menge großer und kleiner Maßnahmen von allen gesellschaftlichen Akteuren – angefangen vom einzelnen Verbraucher über kleine und große Unternehmen bis zu einer global abgestimmten Politik. Dabei ist es wichtig, einen klaren Kopf zu behalten und nicht in Panik zu verfallen. Je größer der Adressatenkreis, desto schwieriger das Gelingen. Deshalb ist es zu begrüßen, dass sich die Große Koalition Ende September endlich auf ein – mehr oder weniger – konkretes Klimapaket geeinigt hat. Nicht zuletzt die Ausweitung des Handels mit CO2-Zertifikaten auf bislang vom EU-Emissionshandel ausgenommene Branchen ist absolut sinnvoll. Wichtig ist hierbei jedoch, dass bereits teilnehmende Unternehmen aus der Chemieindustrie nicht doppelt belastet werden und ihre Wettbewerbsfähigkeit gewährleistet bleibt. Beim Drehen der zahlreichen Stellschrauben kommt es am Ende immer auf das richtige Zusammenspiel von Ökologie, Ökonomie und sozialer Gerechtigkeit an.
Um im Wettbewerb der Ideen zu bestehen, sollen laut Klimapaket der Bundesregierung klimafreundliche Innovationen und Technologien gefördert werden. In der Tat sind enorme Investitionen nötig, damit der Industriestandort Deutschland ein Hort der Innovationen und der Zukunftstechnologien bleibt. Doch Grund zur Schwarzmalerei angesichts des Krisenklimas gibt es nicht: Im Bereich der Forschung und Entwicklung gehört Deutschland global nach wie vor zu den besten Adressen. Wie viel hierzulande schon passiert, zeigt das <link http: cloud.duelberg.de data files vaa vaa_magazin_oktober_2019 external-link-new-window external link in new>Spezial im aktuellen VAA Magazin, in dem es um innovative Batterietechnologien geht. Neben einem Start-up aus Bonn, dessen Feststoffbatterie eine rund 50 Prozent bessere Umweltbilanz gegenüber herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien anpeilt, wird auch der Beitrag etablierter Chemieunternehmen zur Verbesserung der Ressourceneffizienz und der Performance bestehender Batteriesysteme gezeigt. Passend zum Spezial-Thema ist auch der diesjährige Chemie-Nobelpreis für die Entwicklung von Lithium-Ionen-Batterien verliehen worden.
Batteriezellen selbst werden zurzeit vorwiegend in Asien gefertigt. Das wird auf absehbare Zeit auch so bleiben, weil die Industrie dort näher an der Nachfrage ist. In Ländern wie China gibt es eine höhere Bereitschaft, neue Technologien einfach auszuprobieren und schneller zu skalieren. Unabhängig davon bleibt in Europa eine große Innovationskompetenz für künftige Batterietechnologien langfristig erhalten. Um diese Kompetenz auszubauen, eröffnet das gegenwärtige Klima im Krisenmodus sehr gute Chancen. Diese muss man nur erkennen und am Schopfe packen.
Rainer Nachtrab ist seit 2017
1. Vorsitzender des VAA.