Welthandel: Europäische Einigkeit und faire Wohlstandverteilung
Lange hatte er darüber gesprochen, inzwischen hat er es wahr gemacht: Seit Donald Trump verfügt hat, dass die USA Strafzölle auf Stahl und Aluminium erheben, herrscht bei den politischen Entscheidungsträgern in Europa und Deutschland hektische Betriebsamkeit. Zwar ist es kurzfristig gelungen, die US-Zölle auf Produkte aus der EU abzuwehren. Doch das Ultimatum der Amerikaner steht im Raum und die Angst vor einem Handelskrieg geht um.
Die Sorge ist berechtigt, denn kaum ein Land auf der Welt profitiert so sehr von den globalen Handelsströmen wie Deutschland, insbesondere die stark exportorientierte Chemiebranche. Und eine zentrale Voraussetzung für globalisierten Handel sind nun einmal halbwegs offene Märkte ohne hohe Zollschranken oder andere Zugangsbeschränkungen.
Es ist fast schon ironisch: Während sich Europa vor nicht allzu langer Zeit noch zierte, weil es mit dem von den USA forcierten Handelsabkommen TTIP zu viel Freihandel fürchtete, muss es nun auf die handelspolitische Gnade eines unberechenbaren US-Präsidenten hoffen. Höchste Zeit also, dass sich die EU zusammenrauft und endlich eine einheitliche europäische Handelspolitik vertritt.
Nur so kann Europa als Wirtschaftsmacht in Handelsfragen auf Augenhöhe mit den USA und China agieren. Im Europäischen Wirtschaftsraum, der wirtschaftsstärksten Freihandelszone der Welt, vollzieht sich fast die Hälfte des Welthandels. Die EU muss diese Stärke selbstbewusst ausspielen.
Denn Europa wird seinen Wohlstand in Zukunft nur aufrechterhalten können, wenn wir weiterhin von den ökonomischen Vorteilen einer globalisierten Weltwirtschaft profitieren können. Politische Rückendeckung für eine selbstbewusste Handelspolitik wird die EU jedoch nur bekommen, wenn in ihren Mitgliedstaaten gesellschaftlicher Konsens darüber besteht, dass internationale Arbeitsteilung tatsächlich wirtschaftlich vorteilhaft ist und Protektionismus und Isolationismus mittelfristig den Menschen schaden. Und dieser Konsens lässt sich nur herbeiführen und aufrechterhalten, wenn die Gewinne aus der Globalisierung möglichst fair verteilt werden und nicht steueroptimiert in den Taschen der Aktionäre einiger Großkonzerne verschwinden. Deutschland hat mit seinem System der Mitbestimmung dafür einen Weg gefunden, den es zu verteidigen und auszubauen gilt.
Gerhard Kronisch, Hauptgeschäftsführer des VAA