System unter Stress
Selten hat die moderne Welt eine Krise erlebt, die sich derart einschneidend in die Arbeits- und Lebensumgebung der Menschen gebrannt hat wie die Coronakrise. Im Kampf gegen die Ausbreitung der durch das neuartige Coronavirus ausgelösten COVID-19-Pandemie ist innerhalb kürzester Zeit der gewohnte Lauf der Dinge auf den Kopf gestellt worden. Denn ein Virus kennt keine Grenzen. Es kennt auch keine politischen und wirtschaftlichen Systemunterschiede. Ein Virus braucht einzig und allein einen Wirt, um zu überleben und sich zu reproduzieren. Und ist der Mensch erst einmal als Wirt gefunden worden, wird es schwierig, den Erreger wieder loszuwerden. Mit der Gesundheit des einzelnen „Wirtes“ steht und fällt am Ende auch die gesamte Wirtschaft – zumindest für einen gewissen Zeitraum.
Durch die gegenwärtige Ausnahmesituation werden nicht nur die Gesundheitssysteme weltweit – ob entwickelt oder nicht, scheint im Auge des Sturms keine Rolle zu spielen – einem einzigartigen Stresstest unterzogen. Auch dem heutigen, globalisierten und in interaktiver Permanenz auf Hochtouren laufenden Wirtschaftssystem sind die Systemgrenzen schnell und hart aufgezeigt worden. Inmitten eines noch viel tiefgreifenderen Stresstests befinden sich die freiheitlich-demokratischen Gesellschaften etwa in Europa. Hier wird in einem notwendigen und schmerzhaften Experiment auf Sicht gefahren – in der Hoffnung, dass Menschlichkeit, Verantwortung und Solidarität nicht niederen Instinkten zum Opfer fallen. Diese Instinkte treten immer dann zum Vorschein, wenn die eigene Existenz auf dem Spiel steht. Rücksicht ist im Eifer des Gefechts oft das erste Opfer – und das Gefecht fängt leider schon an der Supermarktkasse an.
Wie soll es weitergehen? Stand die Wirtschaft trotz jahrelangen Booms nicht bereits durch den Klimawandel vor einer enormen Herausforderung?
Corona ist am ehesten als Katalysator der Transformation zu begreifen. Genau mit dieser Transformation der Wirtschaft unter Berücksichtigung des ökologisch-sozialen Faktors beschäftigt sich auch das <link mailto:https: www.duelberg.com vaa vaa_magazin_april_2020 external-link-new-window external link in new>Spezial im aktuellen VAA Magazin. In diesem Zusammenhang wird klar, dass die Menschheit es hier nicht mit einem weiteren „Schwarzen Schwan“ zu tun hat. Viel treffender ist hier der von der US-Autorin Michele Wucker geprägte Begriff des „Grauen Nashorns“. Damit sind Gefahren gemeint, die lange bekannt sind, aber ignoriert werden. Und dazu gehören Pandemien genauso wie der Klimawandel. Aus jeder Krise müssen die richtigen Lehren gezogen werden, um gestärkt aus ihr hervorzugehen. Am Ende könnte die Gesellschaft positiv „immunisiert“ werden für die Gegenmaßnahmen im Kampf gegen die nächste Pandemie, die sicherlich kommen wird.
Während das ganze System weltweit unter Stress steht, fragen sich Arbeitnehmer in den Unternehmen der chemisch-pharmazeutischen Industrie zu Recht, wie es weitergeht. Sie fragen sich auch, wie der VAA – die Interessenvertretung für außertarifliche und leitende Angestellte – ihnen in dieser Situation helfen kann. Zu den Auswirkungen der Coronapandemie auf den Verband sowie auf die arbeitsrechtliche und tarifliche Situation gibt es in der aktuellen Ausgabe des VAA Newsletters und auf der<link https: www.vaa.de external-link-new-window external link in new> VAA-Website www.vaa.de. So viel vorweg: Der VAA ist auch weiter für seine Mitglieder da! Eingeschränkte Bewegungsfreiheit wird kompensiert durch flexible Arbeitsmodelle, ob in Unternehmen oder eben in unserem Verband. Das Wichtigste zum Schluss: Allen Lesern wünsche ich viel Kraft und Gesundheit! Gemeinsam und mit Rücksicht auf die Mitmenschen lässt sich jede Krise meistern.
Rainer Nachtrab ist seit 2017
1. Vorsitzender des VAA.