Wettlauf um die Lebensversicherung
Streit um die Lebensversicherung: Die Erben hätten sie gern; der im Versicherungsvertrag Begünstigte aber auch. Wer sitzt am längeren Hebel?
VAA: Wie kann der Lebenspartner allein die Lebensversicherungssumme erhalten, ohne die Erben des Verstorbenen berücksichtigen zu müssen?
Bürger: Der Lebensversicherungsvertrag ist rechtlich gesehen ein Geschäft unter Lebenden und unterliegt somit nicht den Regelungen des Erbrechts.
Für das Rechtsverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer, der die Prämien zahlt, und dem in seinem Todesfall Begünstigten, wird von einem Schenkungsvertrag ausgegangen. Dabei bleibt der Versicherungsnehmer in der Lage, bis zu seinem Tode die bezugsberechtigte Person durch eine andere zu ersetzen.
Konkrete Namen nennen
Bei Einsetzung des Bezugsberechtigten bzw. seiner Neubenennung sollten deshalb konkrete Namen genannt werden, denn unter der Einsetzung mit „Ehefrau“ oder „Ehegatte“ wurde langjährig diejenige Person begünstigt, die im Zeitpunkt des Versicherungsfalls Ehegatte ist. Neuere Entscheidungen haben hingegen darauf abgestellt, dass derjenige Ehegatte begünstigt ist, der im Zeitpunkt der Benennung mit dem Versicherungsnehmer verheiratet war, also nicht derjenige Ehegatte, den der Versicherungsnehmer in zweiter oder dritter Ehe später geheiratet hat. Gleiches gilt für die Benennung des „Lebenspartners“ als Bezugsberechtigten
VAA: Dennoch wird den Erben stets empfohlen, den Nachlass auf Lebensversicherungsunterlagen hin gründlich zu prüfen.
Bürger: Dies ist aus verschiedenen Gründen vollkommen gerechtfertigt. Zum einen kann es vorkommen, dass bei Versicherungsabschluss keine bezugsberechtigte Person eingetragen wurde oder die Bezugsberechtigung – beispielsweise anlässlich der Scheidung – widerrufen wurde ohne Benennung einer neuen Person. Dann steht die Versicherungssumme allein dem Versicherungsnehmer zu und fällt mit seinem Tode in seinen Nachlass.
VAA: Was passiert, wenn die bezugsberechtige Person nichts von der Lebensversicherung zu ihren Gunsten weiß?
Bürger: Dies kann die Stunde aufmerksamer Erben sein. Sie können das Schenkungsangebot des verstorbenen Versicherungsnehmers noch vor Zugang dieser Nachricht widerrufen. Dazu reicht eine einfache Mitteilung an den Begünstigten aus, die vorsorglich schriftlich erfolgen sollte.
VAA: Haben die Erben noch andere Möglichkeiten?
Bürger: Ja, sie können der Versicherung den Auftrag zur Übermittlung des Schenkungsangebots an den Begünstigten entziehen. Weiß ein Bezugsberechtigter bis zum Todesfall des Versicherungsnehmers nichts von seiner Einsetzung, wird angenommen, dass die Versicherung mit Einsetzung des Bezugsberechtigten beauftragt wurde, nach dem Eintritt des Versicherungsfalls – also dem Tode des Versicherungsnehmers – das Schenkungsangebot als Bote dem Bezugsberechtigten zu unterbreiten, indem er ihn über den Todesfall und die Lebensversicherung informiert. Reagiert dieser umgehend, indem er der Versicherung seine Bankverbindung nennt, wird dies als Annahmeerklärung (des unterbreiteten Schenkungsangebots) bewertet.
Zwischen dem Bekanntwerden des Todesfalls bei der Versicherung und entsprechender Benachrichtigung des Bezugsberechtigten können jedoch einige Tage vergehen, innerhalb derer die Erben die noch bestehende Widerrufsmöglichkeit nutzen können. Man spricht deshalb auch von einem „Wettlauf“ zwischen dem Versicherer als Boten, der den Begünstigten benachrichtigen will, und den Erben des Versicherungsnehmers, die den Zugang des Schenkungsangebots an den Begünstigten verhindern wollen. Der Schnellere siegt: Entweder die Versicherung mit der Nachricht von dem Anfall der Versicherungssumme oder die Erben mit dem Widerruf des noch nicht zugegangenen Schenkungsangebots.