Dr. Ortrud Steinführ - Authentisch sein
Sie füllt die kühle Strenge des Raumes mit Lebendigkeit. Dr. Ortrud Steinführ, 52, erzählt voller Tatendrang und Energie. Ihre Gesten sind rund, sie lächelt viel. Mit dieser Leidenschaft schultert sie die Doppelbelastung von Job und Betriebsrat. Nicht nur bei ihrem Hobby, dem Fahrradfahren, sondern auch bei ihrer Betriebsratsarbeit ist Aufgeben ein Fremdwort für sie.
Seit 2002 sitzt Dr. Steinführ im Betriebsrat von Bayer Schering Pharma. Eher zufällig gelangte sie damals zur Betriebsratsarbeit. Der Vorsitzende der VAA-Werksgruppe suchte nach einer Nachrückerin für die VAA-Liste. Sie ließ sich als Ersatzkandidatin aufstellen. Der VAA gewann bei der Betriebsratswahl drei Mandate dazu, sodass Dr. Steinführ, für sie eher überraschend, in den Betriebsrat einzog. Seitdem ist der VAA für sie viel mehr als eine bloße Rechtsschutzversicherung.
Mit gesundem Menschenverstand handeln
Seit 1987 arbeitet die promovierte Chemikerin bei Schering, erst als Synthesechemikerin in der Pflanzenschutzforschung, dann in der wissenschaftlichen Informationsvermittlung. Sie leitet die vierköpfige Gruppe „Chemie-Information“, deren Hauptaufgabe es ist, Ordnung in die Informationsflut zu bringen und die Wissenschaftler in ihrer Forschungsarbeit zu unterstützen. Dr. Steinführ ist fest mit ihrem Job verbunden. Voller Begeisterung erzählt sie von ihren Aufgaben. Für sie ist es ganz besonders wichtig diese „Erdung“ zu behalten: „Ich möchte die Stimmung in meiner Abteilung und der Belegschaft in den Betriebsrat hineintragen“. Die größte Herausforderung ist für sie der Spagat zwischen beiden Bereichen: einerseits den Job weiterzuführen und dabei immer ein offenes Ohr für die Mitarbeiter zu haben und andererseits im Betriebsrat Verantwortung zu übernehmen. Authentisch sein und mit gesundem Menschenverstand handeln – dies sind Dr. Steinführs Prinzipien.
Schwierigste Herausforderung für den Betriebsrat war die Schering-Übernahme durch die Bayer AG zwischen 2006 und 2008. Über die Fraktionsgrenzen hinweg versuchte das Gremium die Verschmelzung mit dem Großkonzern zu schaffen, ohne gleichzeitig seine Identität aufzugeben.
Kein leichtes Unterfangen, gibt Dr. Steinführ zu. Doch sie ist froh, in dieser Phase des Wandels die Möglichkeit gehabt zu haben, mitzubestimmen und Einfluss zu nehmen. Der Betriebsrat konnte in dieser Zeit wichtige Anliegen durchsetzen: die Überführung der betrieblichen Altersversorgung und der Gehaltsmodelle in die Bayer-Systeme, eine tolerantere Richtlinie zur privaten Internet- und Emailnutzung und vor allem den unvermeidlichen Stellenabbau ohne betriebsbedingte Kündigungen zu erreichen.
Neue Herausforderungen anpacken
Dr. Steinführ hat aus ihrer Betriebsratsarbeit auch persönlich viel gewonnen: Sich zu positionieren, für seine Überzeugungen einzustehen und zu kämpfen: „Weibliche Führungskräfte müssen lernen, sich mehr zuzutrauen, mehr zu riskieren“. Sie möchte junge Frauen dabei unterstützen, eine Familie zu gründen und gleichzeitig ihre Karriere zu verfolgen. Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie Diversity-Management liegen ihr deshalb ganz besonders am Herzen.
Im kommenden Jahr gibt es viele neue Herausforderungen, die sie energisch anpacken möchte. Dr. Steinführ ist hochmotiviert, bei den Betriebsratwahlen im kommenden Jahr die Erfolge der letzten Wahlen zu wiederholen. Bislang hat der VAA jedes Mal Mandate dazu gewonnen. Und auch privat möchte sie neue Grenzen überwinden: Gemeinsam mit ihrem Mann will sie von Berlin aus die Alpen per Fahrrad überqueren, Endziel: Venedig.