Ausgeglichener Bundeshaushalt: Symbol ohne Substanz?
Der deutsche Bundeshaushalt soll vom nächsten Jahr an eine schwarze Null ausweisen. Das hat Wolfgang Schäuble in der vergangenen Woche angekündigt. Nun ist das zwar wahrlich nicht die erste Ankündigung eines ausgeglichenen Haushaltes durch einen Bundesfinanzministier. Vieles spricht aber dafür, dass der Bund im kommenden Jahr erstmals seit 1969 tatsächlich keine neuen Schulden aufnehmen muss. Nicht zuletzt dank des Ehrgeizes von Schäuble selbst, der auf dieses Ziel bereits seit mehreren Jahren hinarbeitet.
Die Konsolidierung der Staatshaushalte wird seit langer Zeit und von vielen Seiten nachdrücklich eingefordert – auch vom VAA. Tatsächlich wäre der Verzicht auf neue Schulden ein Symbol der Politik. Ein Symbol, das sagt: Wir haben verstanden. Wir haben verstanden, dass ein immer größerer Schuldenberg die Handlungsfähigkeit der öffentlichen Hand durch steigende Zinslasten mehr und mehr beschränkt. Wir haben verstanden, dass der haushaltspolitische Abgrund, den die zahlenmäßig schrumpfenden Generationen unserer Kinder und Enkel werden überwinden müssen, nicht noch tiefer werden darf.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Schäubles Planung für den ausgeglichenen Haushalt dem Anspruch der finanzpolitischen Nachhaltigkeit kaum Genüge tut. Sie ist erkauft durch eine fragwürdige Verschiebung der im Wahlkampf versprochenen Kindergelderhöhung und einen Griff in die Sozialkassen. Vor allem aber ist sie dem derzeit niedrigen Zinsniveau und den sprudelnden Steuereinnahmen zuzuschreiben.
Steuereinnahmen, die im Übrigen auch deshalb munter sprudeln, weil mit der Kalten Progression nach wie vor eine gravierende Gerechtigkeitslücke im deutschen Steuersystem klafft. Diese begünstigenden Faktoren werden über kurz oder lang wegfallen. Wenn bis dahin keine strukturellen Reformen in der Ausgabenpolitik vollzogen werden, droht die schwarze Null ein Symbol ohne Substanz zu bleiben. Dass die Haushaltsplanung bereits ab 2016 wieder Mehrausgaben vorsieht, gibt in dieser Hinsicht jedenfalls nur wenig Anlass zum Optimismus.