Hightech-Strategie 2025: Pflicht ohne Kür
Es liest sich gut, was das Bundeskabinett Anfang September beschlossen hat: Im Rahmen der Hightech-Strategie 2025 will man Spitzeninnovationen fördern, die bei den Menschen ankommen und sich zugleich zu durchschlagenden Erfolgen entwickeln. Zwei Fliegen mit einer Klappe quasi. Vom Kampf gegen den Krebs über intelligente Mobilität und gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land bis hin zu Klima- und Umweltschutz – große gesellschaftliche Aufgaben sollen über die Innovationsförderung angepackt werden.
Hinter dieser Ausrichtung steckt eine richtige und wichtige Erkenntnis: Der gemeinsame Schlüssel für Wachstum, Beschäftigung und Lebensqualität sind Innovationen. Deshalb ist es zu begrüßen, dass sich die Bundesregierung dazu bekennt und den Anteil der Forschungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt auf 3,5 Prozent steigern will. Ein wesentliches Instrument dafür wird der nun geplante Einstieg in die steuerliche Forschungsförderung sein, den der VAA und andere Chemieverbände schon lange fordern. Die Vereinigten Staaten, China und andere Länder, beispielsweise in Asien, nehmen viel Geld für die Forschung in die Hand und verschaffen sich durch Innovationsförderung Wettbewerbsvorteile. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland hier nachzieht. Allerdings stehen naturgemäß nicht nur kleine und mittlere Unternehmen im internationalen Wettbewerb, sondern insbesondere große Konzerne. Das Instrument muss deshalb so ausgestaltet sein, dass es Anreize für alle Unternehmen schafft, mehr Geld für Forschung und Entwicklung in die Hand zu nehmen. Bislang scheint Bundesfinanzminister Scholz hier auf der Bremse zu stehen, während andere Länder in diesem Bereich längst mit Vollgas unterwegs sind.
Das gilt in ähnlicher Weise für eine andere Neuerung der Hightech-Strategie 2025: Die neue Agentur für Sprunginnovationen soll dafür sorgen, dass der Transfer zwischen der Wissenschaft auf der einen Seite und Wirtschaft und Gesellschaft auf der Anwendungsseite schneller und besser funktioniert. Damit ist ein Kernproblem adressiert, das für unsere Branche vor drei Jahren bereits eine <link https: www.vci.de vci downloads-vci publikation vci-innovationsstudie-langfassung.pdf external-link-new-window external link in new>Innovationsstudie im Auftrag des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI) deutlich benannt hat: Fehlende Schnelligkeit bei der Umsetzung kann verhindern, dass aus einer guten Idee eine erfolgreiche Innovation wird. Eine Agentur für Sprunginnovationen könnte also – sieht man über den etwas eigenwilligen Namen hinweg – ein wichtiger Baustein für die Lösung dieses Problems sein. Allerdings ist die Agentur bislang mit einem Finanzrahmen von einer Milliarde Euro über einen Zeitraum von zehn Jahren ausgestattet. Zum Vergleich: Die US-Innovationsbehörde DARPA agiert mit einem Budget von 2,5 Milliarde Euro – pro Jahr.
Wer sich vornimmt, große gesellschaftliche Aufgaben zu lösen und dabei erfolgreiche Innovationen „Made in Germany“ fördern will, muss der marktbeherrschenden Stellung der US-Unternehmen in vielen Bereichen – gerade der Digitalwirtschaft – etwas entgegensetzen. Und dafür ist mehr nötig als das nun beschlossene forschungspolitische Pflichtprogramm. Es bleibt also zu hoffen, dass für die Kür noch genug Zeit verleibt.
Gerhard Kronisch, Hauptgeschäftsführer des VAA