Sozialplan: Freiwillige Zusatzvereinbarungen möglich
Leistungen in Sozialplänen, die dem Ausgleich oder der Abmilderung der mit einer Betriebsänderung für die Arbeitnehmer verbundenen wirtschaftlichen Nachteile dienen, dürfen nicht vom Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig gemacht w
Im Rahmen einer Betriebsschließung war einer Arbeitnehmerin eine Änderungskündigung ausgesprochen worden, die sie unter Vorbehalt annahm und gleichzeitig Änderungsschutzklage erhob. Im Rahmen des folgenden Rechtsstreites schlossen Arbeitgeber und Arbeitnehmerin einen Vergleich, der die Zahlung einer Abfindung und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorsah. Im Anschluss an den bestandskräftigen Vergleich forderte die Arbeitnehmerin eine Erhöhung der Abfindung. Sie machte geltend, dass der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat im Rahmen der Betriebsschließung neben dem Sozialplan eine freiwillige Betriebsvereinbarung geschlossen hatte. Diese sah bei betriebsbedingten Kündigungen eine Erhöhung der Abfindung für Arbeitnehmer vor, die auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichten. Der Arbeitgeber verwies darauf, dass die Voraussetzungen der freiwilligen Betriebsvereinbarung nicht vorlagen und verweigerte die Zahlung. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht gaben dem Arbeitgeber recht.
Auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass der Arbeitnehmerin keine zusätzliche Abfindung zusteht (Urteil vom 9. Dezember 2014, Aktenzeichen: 1 AZR 146/13). Das BAG sah in der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Rahmen des Rechtsstreites über die angenommene Änderungskündigung keine betriebsbedingte Kündigung, die laut Betriebsvereinbarung Voraussetzung für die Erhöhung der Abfindung gewesen wäre. Auch ein Anspruch aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 Absatz 1 Betriebsverfassungsgesetz) ergab sich aus Sicht der Erfurter Richter nicht. Dieser verbiete es zwar, Leistungen in Sozialplänen, die dem Ausgleich oder der Abmilderung der mit einer Betriebsänderung für die Arbeitnehmer verbundenen wirtschaftlichen Nachteile dienen, vom Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig zu machen. Allerdings sei den Betriebsparteien nicht jegliche Regelung verboten, durch die im Falle einer Betriebsänderung für die Arbeitnehmer ein finanzieller Anreiz geschaffen werden soll, eine Kündigung zu akzeptieren oder einen Aufhebungsvertrag zu schließen.
Da die Betriebsparteien ihrer Pflicht zur Aufstellung eines Sozialplans bereits nachgekommen waren, durften sie eine freiwillige kollektivrechtliche Regelung treffen, die im Interesse des Arbeitgebers an alsbaldiger Planungssicherheit finanzielle Leistungen für den Fall vorsieht, dass ein Arbeitnehmer von der Möglichkeit der Erhebung einer Kündigungsschutzklage keinen Gebrauch macht oder freiwillig im Wege einer Aufhebungsvereinbarung ausscheidet.
VAA-Praxistipp
Das BAG hat in seinem Urteil klargestellt, dass zusätzliche finanzielle Leistungen für Arbeitnehmer, die bei einer betriebsbedingten Kündigung auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage verzichten, unter gewissen Voraussetzungen zulässig sind. Nicht zulässig ist es, Sozialplanabfindungen generell von einem Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig zu machen. Zusätzliche finanzielle Anreize sind jedoch möglich.
§ 75 Absatz 1 Betriebsverfassungsgesetz
Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.