Beleidigende Emoticons: Abmahnung oder fristlose Kündigung?
Die Beleidigung eines Kollegen per Emoticon bei Facebook rechtfertigt keine außerordentliche Kündigung. Vielmehr ist vorab eine Abmahnung erforderlich. Das hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg entschieden.
Ein Arbeitnehmer war seit 1999 bei seinem Arbeitgeber beschäftigt gewesen. Als einer seiner Kollegen nach einem Arbeitsunfall arbeitsunfähig erkrankte und eine Mitteilung über seine Verletzung auf seiner „Facebook-Chronik“ erstellte, diskutierten der Arbeitnehmer (Kläger) und vier weitere Mitarbeiter des Unternehmens in der Kommentarfunktion der Nachricht wie folgt:
Als der Arbeitgeber davon erfuhr, kündigte er das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer außerordentlich und fristlos. Der Arbeitnehmer habe mit den Äußerungen „Fettes Schwein“ und „Bärenkopf“ zwei Vorgesetzte beleidigen wollen, von denen einer sehr korpulent sei und der andere wegen einer Knochenerkrankung eine breite Stirnfront und eine breite Nase habe.
Kündigung unwirksam
Dagegen wandte sich der Arbeitnehmer mit einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Pforzheim und bekam recht. Diese Entscheidung wurde in der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg bestätigt (Urteil vom 22. Juni 2016, Aktenzeichen: 4 Sa 5/16).
Das LAG verwies zwar darauf, dass grobe Beleidigungen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes einen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen können, und stufte die Äußerungen des Arbeitnehmers auch als solche ein. Trotz des Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung sei dem Arbeitgeber jedoch eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zumutbar gewesen. So hätten dem Arbeitnehmer aus Sicht der LAG-Richter durch eine Abmahnung die Unrechtmäßigkeit und die Außenwirkung seiner Beleidigungen deutlich vor Augen gehalten werden können, sodass mit entsprechenden Vertragsstörungen künftig nicht mehr hätte gerechnet werden müssen. Auch die Tatsache, dass der Arbeitnehmer seine Arbeit zuvor 16 Jahre lang unbeanstandet verrichtet hatte, und seine schwierige soziale Situation ließ das LAG in seine Abwägung einfließen. Im Ergebnis sei dem Arbeitgeber die Abmahnung als milderes Mittel zumutbar gewesen, weshalb die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses nach § 626 Absatz 1 BGB unwirksam war.
VAA-Praxistipp
Auch wenn der Arbeitnehmer in diesem Fall mit einem blauen Auge davongekommen ist, ist bei Äußerungen in öffentlich zugänglichen sozialen Medien wie Facebook Vorsicht geboten. Das LAG hat in seiner Urteilsbegründung klargestellt, dass sich die potenzielle Reichweite solcher Äußerungen in der Abwägung durchaus nachteilig für den Arbeitnehmer auswirken kann. Dem stand hier lediglich entgegen, dass die verwendeten Spitznamen und der Insidersprachgebrauch für Außenstehende nicht ohne Weiteres verständlich waren.