Tarifeinheitsgesetz: Fauler Kompromiss
In seiner Rede zur Eröffnung der diesjährigen Tagung der VAA-Werksgruppenvorsitzenden in Ulm kritisierte Dr. Thomas Fischer, 1. Vorsitzender des VAA, den kürzlich bekannt gewordenen Entwurf für ein Gesetz zur Tarifeinheit. Der VAA Newsletter veröffentlich
Die Tarifeinheit ist eines der politischen Themen des Jahres. Ein Thema, das uns noch viele Monate begleiten wird. Unser Verband vertritt die Interessen der Chemie-Führungskräfte sowohl als Berufsverband als auch als Berufsgewerkschaft. Deshalb ist es selbstverständlich, dass wir die Diskussion über das geplante Gesetz zur Wiederherstellung der Tarifeinheit sehr aufmerksam verfolgen. Das, was nun bekannt geworden ist, kann uns nicht zufrieden stellen. Im Gegenteil. Der von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles vorgelegte Gesetzentwurf wirft mehr Fragen auf, als er beantwortet.
Es sieht ganz danach aus, als ob die Bundesregierung ihre gesetzgeberische Verantwortung auf den Interpretationsspielraum der Gerichtsbarkeit abwälzt. Damit ist niemandem gedient. Es steigt die Rechtsunsicherheit. Wenn dann auch noch für die Arbeitsgerichte mehr Arbeit anfallen wird, dann ist damit weder Arbeitnehmern noch Arbeitgebern gedient.
Hier hat die Bundesregierung es wohl jedem recht machen wollen und einen faulen Kompromiss geschlossen. Wir haben de facto eine Rückkehr zum Zustand von vor 2010, der vom Bundesarbeitsgericht ja nicht umsonst höchstrichterlich verworfen wurde. Zwar kann ich nicht erkennen, dass mit diesem Gesetz wieder eine echte Tarifeinheit hergestellt wird, aber die vom Grundgesetz garantierte Koalitionsfreiheit ist trotzdem bedroht. Das ist keine gute Nachricht.
Für uns als Berufsgewerkschaft bedeutet diese Koalitionsfreiheit das Recht, die Interessen unserer Mitglieder zu vertreten und mit Augenmaß für eine Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen einzutreten. Wir werden die weitere Entwicklung genau verfolgen und uns in den gesetzgeberischen Prozess einbringen.