Diversity Management: Vorteil durch Vielfalt
Durch die Globalisierung ist die Wirtschaft vernetzter und interaktiver als je zuvor. Ursprünglich lokal agierende und regional verwurzelte Unternehmen müssen – ungeachtet ihrer Größe – global denken und sich in einem stetigen Fluss begreifen. Sie müssen nicht nur in der Lage sein, 24 Stunden am Tag auf Entwicklungen zu reagieren, sondern diese auch strategisch antizipieren. Dadurch sind die Auswirkungen der persönlichen Arbeitswelt für die einzelnen Arbeitnehmer direkter und unmittelbarer wahrnehmbar, was zu einem bereits in zahlreichen Studien belegten Anstieg der Belastungs- und Stresstoleranz der Mitarbeiter geführt hat. Davon sind sowohl tarifliche als auch außertarifliche und leitende Angestellte betroffen.
Im Zuge der fortschreitenden Internationalisierung rückt die Bedeutung guter Personalarbeit immer mehr in den Fokus der Unternehmensleitungen. Ein gutes, nachhaltiges Personalmanagement kann nur funktionieren, wenn man die eigene Mitarbeiterstruktur genau kennt. Mehr noch: Kennen allein reicht nicht aus – man muss die Mitarbeiter auch anerkennen und deren individuelle Eigenschaften wertschätzen. Genau dies ist mit dem Begriffspaar Diversity & Inclusion gemeint – Vielfalt und deren Wertschätzung. Folglich beschäftigt sich Diversity Management mit der gezielten und erfolgreichen Umsetzung von Diversity im Rahmen der Personalarbeit.
Nun kommt der schwierige Teil der Aufgabe: Wie kann dies gelingen? Die Zusammensetzung der Mitarbeiter wird zunehmend heterogener. Im durchschnittlichen in Deutschland ansässigen Großkonzern ist über die Hälfte der Mitarbeiterschaft ausländischer Herkunft, quer verteilt über alle Kontinente. Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen sieht dies noch etwas anders aus, aber auch dort geht es zunehmend multiethnisch zu. Kann man alle Mitarbeiter über einen Kamm scheren? Natürlich nicht. Gefragt sind hier interkulturelle Kompetenz, gutes Personalmanagement-Know-how und Fingerspitzengefühl vonseiten der Führungskräfte.
Hinzu kommt ein weiterer Trend: Die Firmen werden femininer. Immer mehr Frauen gehen in die Industrieunternehmen und drängen – eine längst überfällige Entwicklung – in Führungspositionen.
Der Anteil weiblicher Führungskräfte ist in der chemisch-pharmazeutischen Industrie zwar mit rund 15 Prozent immer noch viel zu gering, aber er steigt seit Jahren. Das Führungspotenzial weiblicher Mitarbeiter besser zu nutzen, ist nicht nur aus Sicht der betrieblichen Demografie essenziell: Es bringt den Unternehmen auch handfeste Vorteile. In den letzten Jahren haben empirische Untersuchungen den positiven ökonomischen Effekt durch Führung in gemischten Teams bereits mehrfach bestätigt. Dies ist ein Thema, dass der VAA als größter Führungskräfteverband Deutschlands schon lange auf seiner Agenda hat und engagiert begleitet. Ebenso das Monitoring der Chancengleichheit weiblicher und männlicher Führungskräfte in der Branche mithilfe der seit 1990 durchgeführten <link internal-link internal link in current>VAA-Chancengleichheitsumfrage.
Chancengleichheit ist ein integraler Bestandteil erfolgreichen Diversity Managements, aber bei Weitem nicht der einzige. Vielmehr kommt es auf das optimal austarierte Zusammenspiel aller individuell möglichen und individuell verschiedenen Persönlichkeitsfaktoren an. Das ist eine der größten Herausforderungen, mit denen die Mehrzahl der Unternehmen noch Probleme haben. Auch dies ist wissenschaftlich nachgewiesen. Das gerade erschienene <link internal-link internal link in current>VAA-Jahrbuch 2015 mit dem Titel „Herausforderung Diversity Management“ soll hier als Handreichung zu einem besseren Problemverständnis und als Impulsgeber für Lösungsansätze dienen.
Bei aller Theorie darf man als Unternehmen in seinen personalstrategischen Überlegungen nie vergessen: In Unternehmen arbeiten Menschen. Und Menschen sind verschieden. Menschen haben Vorurteile. Diese kann man nicht abstellen. Weil Menschen biologisch bedingt pauschalisieren, um die Welt zu ordnen und zu begreifen. Dessen müssen sich Entscheider, Führungskräfte und Mitarbeiter gleichermaßen bewusst werden und das Bewusstsein dafür permanent kultivieren. Dies wäre schon einmal ein kleiner, aber sehr wichtiger Schritt auf dem langen Weg zu einem guten Diversity Management.
Dr. Thomas Fischer ist seit 2002
1. Vorsitzender des VAA.