Laufzeitverlängerung: Gefahr für erneuerbare Energien?
Das kürzlich vorgestellte Energiekonzept der Bundesregierung bleibt auch unter Wissenschaftlern umstritten. DirProf. Dr. Christian Hey, Generalsekretär des Sachverständigenrates für Umweltfragen (SRU), erläutert seine Kritik an den AKW-Laufzeitverlä
VAA: Sie kritisieren die im Energiekonzept vorgesehenen Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke scharf. Wieso?
Hey: Erneuerbare Energien zeichnen sich durch ihre große Volatilität aus. Wir werden in den 2020er Jahren einen so hohen Anteil an erneuerbaren Energien bekommen, dass der Bedarf an Grundlastenergien erheblich schrumpfen wird. In dieser Situation sehen wir einen Konflikt, der möglicherweise dazu führt, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien durch hohe Anteile von Grundlaststromerzeugung behindert wird. Das gilt aber gleichermaßen auch für große Kohlekraftwerke.
VAA: Wie muss man sich diesen Konflikt genau vorstellen?
Hey: Auch Atomkraftwerke haben eine gewisse, aber begrenzte technische Möglichkeit, hoch- und herunterzuregeln. Aber die durch die erneuerbaren Energien verursachten Schwankungen werden die vorhandene Flexibilität von Atomkraftwerken überfordern. Dann stellt sich natürlich die Frage, was passiert: Schaltet man das Windrad ab, was die Betreiber von Atomkraftwerken gerne sähen, oder schaltet man, wenn es nicht mehr benötigt wird, das Atomkraftwerk ab. Wenn ein AKW jedoch erst einmal abgeschaltet ist, braucht es einige Zeit, bis es wieder hochgefahren ist. Das ist bei Großkraftwerken schon aus thermodynamischen Gründen nicht von jetzt auf gleich realisierbar.
VAA: Der SRU hält eine Brückentechnologie für überflüssig. Gleichzeitig räumen Sie ein, dass Ihre eigenen Zukunftsszenarien mit Unsicherheiten behaftet sind. Wie viel Vertrauen haben Sie in die grundsätzliche Richtigkeit Ihrer Berechnungen?
Hey: Es gibt kein Szenario, das für das Jahr 2050 mit Sicherheit prognostizieren kann. Was in den nächsten 40 Jahren alles passieren kann und passieren wird, hängt von sehr vielen verschiedenen Faktoren ab.
Was man aber sagen kann, ist, dass unsere Kostenabschätzungen in einem Mittelbereich dessen sind, was für die Kostenentwicklung im Bereich Erneuerbare Energien prognostiziert wird. Es gehört nicht zu den optimistischen, aber auch nicht zu den pessimistischen Abschätzungen. Es gibt viele Kritiker, die sagen, wir seien eigentlich zu konservativ. Es gibt manche Kritiker, die sagen, wir seien zu optimistisch. Wir glauben, dass – bei all den Unsicherheiten, die vorhanden sind – die Grundaussage robust ist. Denn sie wird von zahlreichen anderen Forschungsinstituten mit anderer Methodologie, mit anderen Kosteneinschätzungen ganz ebenso gesehen.
VAA: Sind Sie enttäuscht, dass die Regierung die Empfehlungen Ihres eigenen Beratungsgremiums nicht genügend berücksichtigt hat?
Hey: Man kann von wissenschaftlicher Politikberatung generell nicht erwarten, dass die Politik alles, was empfohlen wird, eins zu eins übernimmt. Dann wäre nämlich Demokratie überflüssig, dann hätten wir eine Technokratie, die Herrschaft der Experten. Das können und wollen wir auch nicht. Wir wissen, dass unsere Vorschläge ernsthaft geprüft wurden. Das Energiekonzept enthält ja viele Maßnahmen, die der SRU ebenfalls für notwendig hält, insbesondere im Hinblick auf Netzausbaubeschleunigung oder die Kooperation mit Skandinavien.
Weitere Informationen: <link http: www.umweltrat.de shareddocs downloads de>Kommentar des SRU zum neuen <link http: www.bmu.de files pdfs allgemein application pdf energiekonzept_bundesregierung.pdf>Energiekonzept der Bundesregierung.