Der Griff in die Saiten – Wechsel an der Spitze der IG BCE
Das Jahr 2009 bringt nicht nur in der Politik neue Konstellationen hervor: Auch in unserer Branche, bei der IG BCE, vollzieht sich ein Generationenwechsel. Der VAA stellt sich darauf ein.
Hubertus Schmoldt hat das Bild der IG BCE, wie wir sie heute kennen, geprägt. Denn er ist auf dem Fusionskongress der damaligen IG Chemie Keramik Papier und der IG Bergbau und Energie im Jahr 1997 als Nachfolger von Hermann Rappe zum ersten Vorsitzenden gewählt worden. Schmoldt hat die Agenda 2010-Politik stets pragmatisch beobachtet und begleitet. Dabei ist die IG BCE bei klarer Kritik nie in Fundamentalopposition zu diesen wichtigen politischen Reformschritten gegangen. Die IG BCE hat sich unter der Führung von Hubertus Schmoldt stets als Kraft erwiesen, die sich an der Richtschnur der Sozialen Marktwirtschaft und dem real Machbaren orientiert. So ist es den Sozialpartnern in der Chemie manches Mal gelungen, frühzeitig die richtigen Themen zu besetzen: Das war schon beim Tarifvertrag zur Altersteilzeit der Fall. Sozialpolitisches Gespür bewiesen die Sozialpartner erneut im vergangenen Jahr mit der Unterzeichnung der Sozialpartnervereinbarung zwischen VAA und BAVC und dem parallel gelagerten Tarifvertrag zur Demografie. Hubertus Schmoldt ebenso wie das langjährige Mitglied des IG BCE-Vorstands Werner Bischoff haben entschieden, sich 2009 nicht zur Wiederwahl zu stellen. Mit ihnen räumen zwei verdiente und verantwortungsvolle Gewerkschafter auf dem gerade zu Ende gehenden Gewerkschaftskongress den Platz für jüngere.
Das Thema des Kongresses: „Vorwärts denken, verantwortlich handeln“, ist auf den Nachfolger von Schmoldt, auf Michael Vassiliadis zugeschnitten. Von ihm weiß man nicht nur, dass er gerne einmal „Stairway to Heaven“ auf der Gitarre spielt. Man weiß auch, dass er nicht müde wird, für „intelligente Industriepolitik“ und Grundwerte in der Gesellschaft zu werben. Bei entsprechender Gelegenheit referiert er über Trends in der Gesellschaft, wie er sie wahrnimmt, auf abstraktem, weit in die Zukunft gerichtetem Niveau. Aber stets prägt der Grundtenor: „Down to earth“, was er an politischen Konzepten anbietet.
Dann fallen mahnende Sätze wie: „Die industriellen Arbeitsplätze, die wir in der Krise verlieren, sind endgültig weg.“ Peter Hausmann vom IG BCE-Landesbezirk Nordrhein folgt auf Werner Bischoff.
Für unseren Verband stelle ich mich durch den Wechsel an der Spitze der IG BCE auf eine „dialektische Entwicklung“ ein. Keiner, der wachen Auges durch die Unternehmen geht, übersieht, dass die Gewerkschaftskollegen bei ihren Projekten zur Zielgruppenarbeit regelmäßig das Schlagwort Hochqualifizierte fallen lassen. Dass das unseren sportlichen Ehrgeiz anfachen muss, ist klar: Das kann keinen überraschen. Allerdings besteht auch Grund zur Gelassenheit: Der VAA beweist seit neun Jahrzehnten hohe Qualifikation in der Interessenvertretung der Führungskräfte. Aber gerade darum wird es unter den veränderten Vorzeichen eines überaus krisenanfälligen Weltfinanzsystems ratsam sein, sehr genau auf Verbindendes und parallele Interessenlagen zu achten. Wir wollen das Gespräch unter den Sozialpartnern suchen. Ob VAA oder IG BCE, beiden Verbänden, und nicht nur diesen beiden, sondern auch dem BAVC muss daran gelegen sein, die Bedeutung der Realwirtschaft zu stärken. Und alle müssen an einem Strang ziehen, wenn der Gesellschaft vor Augen geführt werden soll, wie kostbar Technik und technisches Know How ist. Es geht nicht an, diese Wissensvorsprünge durch Zaudern und überzogene Risikoabschätzung zu verspielen. Technik ist nicht nur etwas wert, sie muss uns auch etwas wert sein.
In diesem Sinne wünsche ich dem Kollegen Vassiliadis im neuen Amt Glück, Geschick und trotz der wachsenden Verantwortung immer noch ein Quäntchen Zeit für den Griff in die Saiten.