BAG: Äußerung in privater Chatgruppe kann Kündigung rechtfertigen

Wenn sich Arbeitnehmer in einer privaten Chatgruppe in stark beleidigender, rassistischer, sexistischer und zu Gewalt aufstachelnder Weise über Vorgesetzte und andere Kollegen äußern, kann das eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass sich Arbeitnehmer nur in Ausnahmefällen auf die Vertraulichkeit des Chats berufen können.

Das BAG verwies den Fall zurück an das LAG. Dort kann der Arbeitnehmer laut BAG nun darlegen, warum er angesichts der Größe der Chatgruppe, ihrer im Zeitverlauf geänderten Zusammensetzung, der unterschiedlichen Beteiligung der Gruppenmitglieder an den Chats und der Nutzung eines auf schnelle Weiterleitung von Äußerungen angelegten Mediums eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung aus seiner Sicht haben konnte.

VAA-Praxistipp

Das Urteil des BAG verdeutlicht, dass Äußerungen mit Bezug zum eigenen Arbeitsverhältnis auch im privaten Umfeld problematisch sein können. Andererseits können auch quasiöffentliche Aussagen eine grundrechtlich geschützte private Meinungsäußerung darstellen, wie ein anderes Urteil des LAGs Berlin-Brandenburg zeigt: Es erklärte die außerordentliche Kündigung eines Berufsschullehrers durch das Land Berlin für unwirksam, der in einem von ihm veröffentlichten YouTube-Video das staatliche Werben um Impfbereitschaft in der Coronapandemie mit dem System der Konzentrationslager im Nationalsozialismus verglichen hatte. Die Selbstdeutung des Lehrers, er habe mit dem Video lediglich scharfe Kritik an der Coronapolitik äußern wollen, könne nicht zwingend ausgeschlossen werden. Deshalb sei eine Überschreitung des Grundrechts auf Meinungsäußerung nicht eindeutig festzustellen, so das LAG (Urteil vom 15. Juni 2023, Aktenzeichen 10 Sa 1143/22).

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