Klageverzicht: Wirksamkeit nur bei angemessener Gegenleistung
Eine Klageverzichtserklärung nach einer Kündigung ist nur wirksam, wenn der Arbeitnehmer für seinen Klageverzicht von seinem Arbeitgeber einen angemessenen Ausgleich erhält. Das hat das Bundesarbeitsgericht bestätigt.
Ein Arbeitnehmer hatte kurz nach der Kündigung seines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber eine Abwicklungserklärung unterzeichnet, in der unter anderem ein Klageverzicht und die Erteilung eines guten Arbeitszeugnisses, jedoch keine finanzielle Abfindung vorgesehen waren. Noch innerhalb der Kündigungsfrist änderte der Arbeitnehmer seine Meinung und erhob Klage vor dem Arbeitsgericht. Er werde durch die Vereinbarung unangemessen benachteiligt, weshalb diese unwirksam sei. Der Arbeitgeber vertrat dagegen die Auffassung, das vereinbarte Zeugnis stelle eine ausreichende Gegenleistung für den Klageverzicht dar. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht wiesen die Klage des Arbeitnehmers ab.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied hingegen, dass der Arbeitnehmer nicht wirksam auf sein Recht zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet hat und die Kündigung des Arbeitsverhältnisses unwirksam war (Urteil vom 24. September 2015, Aktenzeichen: 2 AZR 347/12). Die BAG-Richter betonten, dass ein Klageverzicht ohne eine kompensierende Gegenleistung des Arbeitgebers als unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers gemäß § 307 Absatz 1 Satz 1 BGB unwirksam ist.
§ 307 Absatz 1 Satz 1 BGB: Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.
Die vom Arbeitgeber übernommene Verpflichtung, dem Arbeitnehmer ein Zeugnis mit einer überdurchschnittlichen Leistungsbeurteilung zu erteilen, sei als Ausgleich für den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage nicht geeignet, da der Arbeitnehmer ohnehin einen Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis habe. Da keine andere Kompensation für den Klageverzicht vereinbart war, erklärte das BAG die Abwicklungsvereinbarung einschließlich des darin enthaltenen Klageverzichts für unwirksam. Dementsprechend hatte der Arbeitnehmer die Klagefrist gewahrt und die Kündigung des Arbeitsverhältnisses war nichtig.
VAA-Praxistipp
Das BAG hat mit dem Urteil seine bisherige Rechtsprechung bestätigt und konkretisiert. Vom Arbeitgeber vorformulierte Klageverzichtserklärungen – eine solche kam auch in diesem Fall zum Einsatz – müssen nach der BAG-Rechtsprechung den rechtlichen Anforderungen an Allgemeine Geschäftsbedingungen standhalten, die sonst den besonderen Schutz von Verbrauchern gegenüber Unternehmen sicherstellen. Erfüllt die Klageverzichtserklärung diese Anforderungen nicht, ist sie unwirksam. Im Zweifel können VAA-Mitglieder den <link http: www.vaa.de rechtsberatung>Juristischen Service des VAA konsultieren.