Wohnungseigentum: Befreit von Erbschaftssteuer
In der Rubrik Steuer-Spar-Tipp des VAA-Newsletters geben die Experten des VAA-Kooperationspartners Akademische Arbeitsgemeinschaft Verlag jeden Monat Ratschläge zur Steuer-Optimierung.
Wer eine halbe Wohnung erbt, will dort selten einziehen. Das wirkt sich auf die Erbschaftsteuer aus, wie ein vom FG Hessen entschiedener Fall deutlich macht.
Erben Kinder von ihren Eltern Miteigentum an einem bebauten Grundstück, kann dieses Erbe von der Erbschaftsteuer befreit sein. Voraussetzung ist, dass
- der Verstorbene bis zu seinem Tod die Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war,
- der Erbe unverzüglich selbst in die Wohnung einzieht und
- die Wohnfläche höchstens 200 Quadratmeter beträgt.
Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, fällt keine Erbschaftsteuer für die Wohnung an. Zieht der Erbe innerhalb von zehn Jahren wieder aus der Wohnung aus, fällt die Steuerbefreiung mit Wirkung für die Vergangenheit weg und der Erbe muss doch noch Erbschaftsteuer zahlen. Eine Ausnahme davon gibt es nur, wenn er aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert ist.
Die schwierige Nutzbarkeit einer „halben Wohnung“ ist bei einer Wohnung, die einem Erben allein zur Verfügung stehen würde, auch kein größeres Problem. Die hessischen Richter sahen sich aber mit folgender Konstellation konfrontiert:
Die Tochter hatte dort ein Zimmer, war auch regelmäßig vor Ort, um ihrer betagten Mutter zu helfen, wollte aber nicht in ihre geerbte (ideelle) Hälfte der Wohnung einziehen. Sie überließ die Nutzung ihres Miteigentumsanteils daher kostenlos der Mutter.
Ein Ehepaar besaß eine Eigentumswohnung, jeder hatte einen hälftigen Miteigentumsanteil. Der Vater starb und vererbte seinen Miteigentumsanteil an die gemeinsame Tochter. Die Mutter lebte weiterhin in der Wohnung.
Hinsichtlich der Erbschaftsteuer war die Tochter der Meinung, dass die unentgeltliche Überlassung des zum Nachlass des Vaters gehörenden Miteigentumsanteils an ihre Mutter eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken darstelle, was zur Erbschaftsteuerbefreiung führe.
Das Finanzamt sah jedoch keine Selbstnutzung und setzte – unter Hinzurechnung des übrigen Nachlassvermögens – Erbschaftsteuer in Höhe von circa 50.000 Euro fest.
Die Richter folgten dieser Auffassung und wiesen darauf hin, dass nach dem Gesetzestext und der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Steuerbefreiung stets erfordere, dass die Wohnung als sogenanntes Familienheim beim Erben unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt sei und dass sich in dieser Wohnung der Mittelpunkt des familiären Lebens des Erben befinde. Hierfür sei es nicht ausreichend, dass die Tochter nach dem Erbfall nur gelegentlich zwei Räume genutzt und die Wohnung im Übrigen unentgeltlich ihrer Mutter überlassen habe. Die unentgeltliche Überlassung zu Wohnzwecken an die Mutter als Angehörige stelle keine Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken der Tochter dar (Hessisches FG vom 17.06.2015, 1 K 118/15, Aktenzeichen der Revision II R 32/15).
Dr. Torsten Hahn ist Chefredakteur des Informationsdienstes SteuerSparTipps des VAA-Kooperationspartners Akademische Arbeitsgemeinschaft Verlag.