Betriebsrente: Spätehenklauseln sind unwirksam
Einige Systeme der betrieblichen Altersversorgung enthalten Klauseln, nach denen der Ehepartner des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers nur Anspruch auf eine Hinterbliebenenversorgung hat, wenn die Ehe vor Vollendung des 60. Lebensjahres geschlossen wur
Einem Arbeitnehmer waren von seinem ehemaligen Arbeitgeber Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt worden, zu denen auch eine Hinterbliebenenversorgung gehörte. Die Versorgungsregelung enthielt eine sogenannte Spätehenklausel. Sie knüpfte die Zahlung einer Witwen- oder Witwerrente an die Voraussetzung, dass der versorgungsberechtigte Mitarbeiter die Ehe vor der Vollendung seines 60. Lebensjahres geschlossen hat. Als der Arbeitnehmer im Jahr 2010 verstarb, weigerte sich der Arbeitgeber, seiner Ehefrau eine Witwenrente zu zahlen, da der Verstorbene zum Zeitpunkt der Eheschließung im Jahr 2008 bereits 61 Jahre alt gewesen war. Die Klage der Witwe wurde sowohl vom Arbeitsgericht als auch vom Landesarbeitsgericht abgewiesen.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat diese Entscheidungen nun aufgehoben und der Klage der Witwe stattgegeben (Urteil vom 4. August 2015, Aktenzeichen: 3 AZR 137/13). Aus Sicht des BAG stellt die Spätehenklausel für den Ehemann eine Benachteiligung wegen seines Alters dar, die unter das Benachteiligungsverbot des § 7 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) fällt und somit unwirksam ist.
Gründe zur Rechtfertigung einer altersspezifischen Benachteiligung, wie sie in § 10 AGG aufgezählt werden, konnte das BAG nicht erkennen. Diese Bestimmung lasse bei betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit zwar Unterscheidungen nach dem Alter unter erleichterten Voraussetzungen zu, erfasse im Hinblick auf die Altersgrenzen als Voraussetzung für den Bezug von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung aber nur die Alters- und Invaliditätsversorgung und nicht die Hinterbliebenenversorgung.
Im Ergebnis führt die „Spätehenklausel“ laut BAG zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer und ist deshalb unwirksam.
VAA-Praxistipp
Die Erfurter Richter haben klargestellt, dass Arbeitgeber die Zahlung einer Hinterbliebenenrente nicht vom Alter des Mitarbeiters zum Zeitpunkt der Eheschließung abhängig machen dürfen. Die Entscheidung wird erhebliche Auswirkungen auf die Systeme der betrieblichen Altersversorgung haben, die derzeit noch eine Spätehenklausel enthalten. Arbeitgeber müssen davon ausgehen, dass entsprechende Klauseln in ihren Systemen unwirksam sind. VAA-Mitglieder, die von einer Spätehenklausel betroffen sind, sollten bei Unklarheiten den Rat der VAA-Juristen einholen.
Achtung bei Auslandsentsendung:
Änderungen im Erbrecht
Ab 17. August 2015 gilt die EU-Erbrechtsverordnung. Damit zählt das Erbrecht des Staates, in dem der Erblasser seinen letzten „gewöhnlichen Aufenthalt“ hatte. Bei längerem beruflichen Auslandsaufenthalt sollte vorsorglich eine schriftliche Bestimmung getroffen werden, dass für die eigene Rechtsnachfolge von Todes wegen ausschließlich deutsches Erbrecht gilt. Ein schon abgefasstes Testament kann entsprechend ergänzt werden. Bei Fragen dazu steht der VAA-Kooperationspartner und Erbrechtsexperte Michael Bürger unter <link>Kanzlei-RA-Buerger@t-online.de zur Verfügung.