„Soziale Arschlöcher“: Fristlose Kündigung gerechtfertigt
Die Bezeichnung der Geschäftsführer eines Unternehmens als "soziale Arschlöcher" kann auch in einem langjährigen Arbeitsverhältnis ohne vorherige Abmahnung die außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Das hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein e
Ein langjährig beschäftigter 62-jähriger Mitarbeiter eines familiengeführten Kleinbetriebes hatte sich einen gereizten Wortwechsel mit dem ehemaligen Geschäftsführer des Unternehmens geliefert, was dessen ebenfalls anwesender Sohn, der aktuelle Geschäftsführer des Unternehmens, mit der Frage „Sind wir hier im Kindergarten?“ kommentierte. Am drauffolgenden Tag kam es erneut zu einer verbalen Auseinandersetzung, in deren Rahmen der Arbeitnehmer äußerte, der Geschäftsführer lasse gern den Chef raushängen und sein Vater habe sich am Vortag wie ein „Arsch“ verhalten. Der Geschäftsführer sei zudem auf dem besten Wege, seinem Vater den Rang abzulaufen. Auf die im weiteren Verlauf getätigte Äußerung des Arbeitnehmers „Dann kündigt mich doch“ antwortete der Geschäftsführer: „Damit wir dann als soziale Arschlöcher dastehen.“ Darauf erwiderte der Arbeitnehmer, dass die Firma dies bereits sowieso schon sei.
Der Unternehmen stellte den Arbeitnehmer daraufhin zum Abbau von Arbeitszeitguthaben für drei Tage frei und wartete während dieser Zeit ab, ob er mit einer Entschuldigung an ihn herantritt. Da dies nicht geschah, kündigte der Unternehmer dem Arbeitnehmer fristlos, weil dessen Wortwahl aus seiner Sicht eine drastische persönliche Beleidigung darstellte, durch die das Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstört worden sei. Der Arbeitnehmer wandte sich gegen die Kündigung mit einer Klage vor dem Arbeitsgericht. Aus seiner Sicht war er vom Geschäftsführer und dessen Vater durch das vorangegangene Gespräch zu der Äußerung provoziert worden, die zudem aus einem Affekt heraus getätigt worden sei. Außerdem sei die Äußerung nicht als schwerwiegende Beleidigung zu werten, sondern als eine noch von der Meinungsfreiheit gedeckte Meinungsäußerung zum Verhalten der Firma gegenüber ihrem langjährigen Mitarbeiter. Das Arbeitsgericht wies die Klage des Arbeitnehmers ab.
Inzwischen hat das zuständige Landesarbeitsgericht (LAG) die Entscheidung des Arbeitsgerichtes bestätigt (Urteil vom 24. Januar 2017, Aktenzeichen: 3 Sa 244/16). Wegen der vom Arbeitnehmer getätigten Äußerungen sei die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt gewesen. Von besonderem Gewicht war für die LAG-Richter, dass zwischen der vom Arbeitnehmer behaupteten Provokation und den ehrverletzenden wiederholten Beleidigungen nahezu 16 Stunden lagen und die Äußerungen somit gerade nicht unmittelbar aus einer Affektsituation erfolgten. Vielmehr habe der Arbeitnehmer einen ganzen Abend und eine ganze Nacht Zeit gehabt, sich zu beruhigen und auf sachlicher Ebene das zu formulieren, was ihn an der Gesprächsführung des Vorabends gestört hat. Das habe er jedoch gerade nicht getan, sondern die Geschäftsführer erst Stunden nach der behaupteten Provokation als „soziale Arschlöcher“ bezeichnet. Angesichts dessen bestand aus Sicht des LAG kein Raum für eine erfolgreiche Berufung auf das Recht auf freie Meinungsäußerung nach Artikel 5 Absatz 1 Grundgesetz. Dem Arbeitgeber sei auch unter Berücksichtigung der mehr als 23-jährigen Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers und seiner aktuellen Rentennähe die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der siebenmonatigen Kündigungsfrist nicht zumutbar gewesen.
VAA-Praxistipp
Das Urteil des LAG Schleswig-Holstein zeigt, dass Arbeitnehmer mit beleidigenden Äußerungen jedweder Art äußerst vorsichtig sein müssen. Unter bestimmten Umständen kann eine Beleidigung eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen.