Übertragung höherwertiger Tätigkeiten: Befristungen sind zulässig
Arbeitgeber dürfen Arbeitnehmern im Rahmen von unbefristeten Arbeitsverhältnissen höherwertige Tätigkeiten befristet übertragen oder andere Vertragsbedingungen für einen bestimmten Zeitraum ändern. Dabei sind auch wiederholte Befristungen zulässig, so das
Grundsätzlich sind für die Befristung von Arbeitsverträgen Sachgründe notwendig, sofern es sich nicht um einen erstmalig befristeten Vertrag handelt. Aber innerhalb unbefristeter Verträge können einzelne Vertragsbedingungen durchaus befristet werden. Gerade bei Führungskräften kommt es nicht selten zu einer zeitlich begrenzten Übertragung weiterführender leitender Funktionen. Im konkreten Fall war eine Arbeitnehmerin als Fagottistin bei einem Orchester beschäftigt und mit einem Arbeitsvertrag für das Spielen des ersten und zweiten Fagotts ausgestattet. Aufgrund einer längeren Erkrankung des ersten Solo-Fagottisten hat der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin die Tätigkeit der ersten Solo-Fagottistin interimsweise und auf ein Jahr befristet übertragen, verbunden mit einer Tätigkeitszulage in Höhe von etwa neun Prozent des Monatsgehalts. Insgesamt wurde diese befristete Übertragung vom Arbeitgeber dann dreimal verlängert, woraufhin die Musikerin Klage erhob.
Nach Ansicht der Arbeitnehmerin war die Übertragung durch die wiederholten Befristungsverlängerungen zum dauerhaften Bestandteil des Arbeitsvertrages geworden. Dabei berief sich die Klägerin auf den speziell für Musiker in Kulturorchestern gültigen Tarifvertrag, der nur einen Widerruf der Tätigkeitsübertragung aus Gründen der Leistung und der Eignung vorsieht. Doch weder das zuständige Arbeitsgericht noch das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg als Berufungsinstanz teilten die Auffassung der Klägerin und wiesen die Klage ab.
Auch die obersten Arbeitsrichter sahen den Sachverhalt in ihrem Urteil vom 7. Oktober 2015 (Aktenzeichen: 7 AZR 945/13) im Revisionsverfahren ähnlich. Laut BAG betreffen die tarifvertraglichen Regelungen nur die dauerhafte, nicht aber die befristete Tätigkeitsübertragung. Letztere ist an besondere Voraussetzungen gebunden, die im Fall der Erkrankung des ursprünglichen Solo-Fagottisten und die anschließenden Versuche des Arbeitgebers zur Besetzung der offenen Stelle gegeben waren. Des Weiteren hat das BAG festgestellt, dass die Befristung einzelner Vertragsbedingungen nicht dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG), sondern nur der Vertragskontrolle gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unterliegt. Auch sind Befristungen von Arbeitszeiterhöhungen nicht uneingeschränkt auf Übertragungen einer höherwertigen Tätigkeit übertragbar.
BAG verweist auf AGB
Im Arbeitsrecht gilt die AGB-Kontrolle auch für Vereinbarungen zur einmaligen Verwendung und bezieht sich immer nur auf die jeweils letzte Übertragung einer befristeten Tätigkeit. Ausnahmen sind nur möglich, wenn dem Arbeitnehmer in einer Folgevereinbarung das Recht zur Wirksamkeitsprüfung der vorherigen Befristung eingeräumt wird. Dagegen fallen Bestimmungen über Hauptleistungen wie die eigentliche Tätigkeit oder die Vergütung nicht in den Bereich der AGB-Kontrolle – im Fall der Fagottistin ging es jedoch nur um die Befristung. Eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin lag aufgrund der noch moderaten Vergütungsdifferenz nicht vor. Auch eine rechtsmissbräuchliche Vertragsgestaltung konnte das BAG im Fall der Orchestermusikerin nicht erkennen. Offen ließen die Richter allerdings, inwieweit die Rechtsmissbrauchskontrolle bei Tätigkeitsbefristungen Anwendung findet.
Als ausschlaggebend für die Befristung einzelner Vertragsbedingungen betrachtet die höchste Instanz der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit die sogenannte Angemessenheitsprüfung, in deren Rahmen die Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer bewertet werden. Hier haben die Erfurter Richter bestätigt, dass Befristungen von Arbeitsverträgen bei Vorliegen von Sachgründen gerechtfertigt sind und dabei das Interesse des Arbeitgebers oft überwiegt.
VAA-Praxistipp
Mit ihrem Urteil haben die BAG-Richter für mehr Klarheit gesorgt: Bei Befristungen von höherwertigen Tätigkeiten und anderen Vertragsbedingungen ist lediglich eine Angemessenheitskontrolle erforderlich. In der Praxis sollten Arbeitnehmer bei einer befristeten Übertragung von Tätigkeiten aber dennoch stets prüfen, ob die Sachgründe dafür auch den Maßstäben des Teilzeit- und Befristungsgesetzes entsprechen. Bei Unklarheiten sollten sich VAA-Mitglieder an den <link http: www.vaa.de rechtsberatung>Juristischen Service des VAA wenden.