Eurokrise: Kompromiss und Führung

In diesen Verhandlungstagen wurde aber auch deutlich, wie notwendig Führung gerade in äußerst konfliktreichen Situationen ist. Als die Lage zwischen dem nördlichen und südlichen Lager so verfahren war, dass eine Einigung kaum möglich schien, hat ein Mann Führung übernommen: Wolfgang Schäuble. Mit seinem Papier über einen zeitweiligen Austritt Griechenlands aus dem Euro hat er sich nicht nur den Zorn der meisten Teilnehmer der Konferenz und teilweise sehr harsche Prügel der Öffentlichkeit („unverantwortlich, Staatsstreich, es reicht …“) zugezogen, sondern er hat – feine Ironie der Geschichte – mit dieser Gabe zur gezielten Provokation eine Einigung überhaupt erst ermöglicht. Nicht nur, dass er Tsipras unter Druck setzte. Wichtig war sein Ziel, dass Reformverweigerung in Europa keine Schule macht. Am wichtigsten aber war, dass er – von der Öffentlichkeit kaum bemerkt – den Nordländern durch diese harte Position eine Brücke baute, über die sie zum Kompromiss mit Griechenland gehen konnten. Führung zu übernehmen kann manchmal ziemlich unpopulär sein. Nötig ist es trotzdem.

Gerhard Kronisch, Hauptgeschäftsführer des VAA

Gerhard Kronisch

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