Studienabbruch: Vom Philosophen zum Tischlermeister?
„Vom Campus in den Chefsessel.“ Mit dieser knackigen Formel bewirbt die Handwerkskammer Unterfranken ihr Karriereprogramm für Studienaussteiger. Die Franken gehören zu den Pionieren eines Konzeptes, das sich längst an vielen deutschen Hochschulen etabliert hat: die Vermittlung von Studienabbrechern in Handwerksberufe.
Angesichts der hohen Studienabbrecherquote von fast einem Drittel hat auch Bundesbildungsministerin Johanna Wanka den Charme des Modells erkannt und will entsprechende Projekte künftig stärker fördern. Verkürzte Ausbildungszeiten und Meisterkurse sollen den Weg in das Handwerk für Studienabbrecher attraktiver machen, von denen bisher nur ein kleiner Teil den Schritt in die Ausbildung wagt.
Tatsächlich ist die Idee zunächst einmal kaum von der Hand zu weisen: Natürlich ist es allemal besser, ein junger Mensch absolviert eine Ausbildung zum Fachinformatiker oder zum Dachdeckermeister statt mit einem abgebrochenen Studium in der Arbeitslosigkeit zu landen. Dieses Potenzial zu verschenken ist weder aus der persönlichen Sicht der Betroffenen noch aus volkswirtschaftlicher Sicht sinnvoll. Das Handwerk reklamiert schon länger mehr ausbildungsstarke Jugendliche für sich, da durch den technologischen Wandel die Anforderungen in vielen Berufen gestiegen sind.
Allerdings darf die Erkenntnis, dass „Hauptsache Studium“ nicht der bildungspolitische Königsweg ist, auch nicht in einer unreflektierten Bewegung in die andere Richtung münden. Gerade in den technisch-naturwissenschaftlichen Fächern brauchen wir nach wie vor jeden einzelnen Hochschulabsolventen. Die Rückbesinnung auf den Wert der Berufsausbildung darf nicht dazu führen, dass junge Leute aus den MINT-Fächern die Flinte ins Korn werfen, solange noch Aussichten auf einen erfolgreichen Abschluss bestehen. Jeder Euro für Beratungs- und Unterstützungsangebote, die auf einen erfolgreichen Hochschulabschluss zielen, ist an dieser Stelle gut investiert.
Denn der künftige Wohlstand unserer Gesellschaft wird eben nicht zuallererst davon abhängen, ob wir ausreichend Dachdecker und Konditoren ausbilden, sondern ob es uns gelingt, als innovative Volkswirtschaft im globalen Wettbewerb zu bestehen. Und dafür brauchen wir hochqualifizierte junge Menschen, die studieren wollen.