Elternzeit: Keine nachträgliche Urlaubskürzung
Arbeitgeber können nach der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses den Erholungsurlaub wegen Elternzeit nicht nachträglich kürzen, um den Anspruch auf Urlaubsabgeltung des Arbeitnehmers zu verringern. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden und damit
Eine Arbeitnehmerin hatte sich von Mitte Februar 2011 bis zur Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses Mitte Mai 2012 in Elternzeit befunden. Nach dem Beschäftigungsende verlangte sie erfolglos von ihrem ehemaligen Arbeitgeber die Abrechnung und Abgeltung ihrer Urlaubsansprüche aus den Jahren 2010 bis 2012. Der Arbeitgeber kürzte stattdessen nachträglich ihren Erholungsurlaub wegen der Elternzeit nach § 17 Absatz 1 Satz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) um ein Zwölftel pro Kalendermonat. Die Klage der Arbeitnehmerin auf Abgeltung ihrer Urlaubsansprüche wurde vom Arbeitsgericht abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht gab ihr in der Berufung hingegen recht. Nun hat auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Sinne der Arbeitnehmerin entschieden (Urteil vom 19. Mai 2015, Aktenzeichen: 9 AZR 725/13).
§ 17, Absatz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG):
Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin während der Elternzeit bei seinem oder ihrem Arbeitgeber Teilzeitarbeit leistet.
Die BAG-Richter stellten klar, dass eine wirksame Kürzung des Urlaubsanspruches wegen Elternzeit nach § 17 Absatz 1 Satz 1 BEEG einen bestehenden Anspruch auf Erholungsurlaub voraussetzt. Dieser Anspruch fehle, wenn das Arbeitsverhältnis beendet sei und der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsabgeltung habe. Die Arbeitnehmerin habe somit trotz ihrer Elternzeit Anspruch auf die volle Urlaubsabgeltung.
VAA-Praxistipp
Die frühere Rechtsprechung des BAG zur Kürzungsbefugnis des Arbeitgebers auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses beruhte auf der sogenannten Surrogatstheorie, die inzwischen aufgegeben wurde. Nach der neueren BAG-Rechtsprechung ist der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nicht mehr Surrogat des Urlaubsanspruches, sondern ein reiner Geldanspruch. Dieser Anspruch verdankt seine Entstehung zwar urlaubsrechtlichen Vorschriften, bildet nach der Entstehung jedoch einen Teil des Vermögens des Arbeitnehmers und unterscheidet sich somit in rechtlicher Hinsicht nicht von anderen Zahlungsansprüchen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber.