Chemie digital: Wie ändert sich die Führung?
Die Zeiten ändern sich. Und doch bleibt manches gleich. Noch immer war und ist einer der entscheidenden Maßstäbe für eine Führungskraft die Übernahme von Verantwortung. Verantwortung für die Mitarbeiter und die Aufgabe, die sie übernommen hat. Führungskräfte in der chemisch-pharmazeutischen Industrie müssen sich verantwortlich wissen, für das, was sie und ihre Mitarbeiter tun. Für das, was technische Instrumente in ihrem Auftrag tun. Auch in Zeiten der Digitalisierung wird sich das nicht ändern.
Führungsstile ändern sich, aber Führung verschwindet nicht. Auch in Zukunft wird es darum gehen, Orientierung zu geben und zu entscheiden. Verantwortlich zu entscheiden. Keine Maschine, kein Algorithmus nimmt der Führungskraft die verantwortliche Entscheidung ab. Die Grundlage, auf der diese Entscheidung getroffen wird, ist eine ethische. Solche Grundlagen entstehen jenseits der reinen Fachlichkeit und Berufsfähigkeit. Jenseits der Technik und Kompetenz. Da spielen ganz andere Faktoren eine wichtige Rolle. Unternehmenskultur zum Beispiel. Führung war und ist in erster Linie eine verantwortliche Entscheidung, die wesentlich mit ethischer Einstellung zusammenhängt und von der jeweiligen Unternehmenskultur massiv beeinflusst wird.
Kann man das nicht einfacher ausdrücken? Man kann. In Zeiten der Digitalisierung kommt eine Führungskraft an einer klaren inneren Haltung nicht vorbei.
Es ist die alte Geschichte in neuen Worten. Führung in digitalen Zeiten erfordert wie schon immer den Menschentyp, der Orientierung geben kann. Der in komplexen Zeiten über eine normativ-ethische Grundlage verfügt, die ihm den notwendigen Boden unter den Füßen liefert, auf dem sein Handeln beruht. Und der umso fester sein sollte, je komplexer die Umwelt wird. Eine Grundlage, die individuelle Integrität ermöglicht und zu Verantwortungsbereitschaft führt. Einen Menschentyp, der, wie schon immer, die Daten verarbeitet, die auf ihn einwirken, und ihnen Struktur und Richtung gibt. Der entscheidet, welche Daten wichtig sind und welche Schlussfolgerungen daraus zu ziehen sind. Um erfolgreich so zu handeln, sind fachliche, aber auch soziale und kommunikative Kompetenzen nötig.
Die Unternehmen der chemisch-pharmazeutischen Industrie wissen schon seit Langem, dass ihre Ingenieure nicht nur Maschinenbauer und ihre Naturwissenschaftler nicht nur Fachkräfte sind. Schon immer war die chemische Industrie eine derjenigen, die sich wandeln musste und konnte. Die sich auf neue Herausforderungen und Wettbewerber einzustellen wusste. Das konnte man seit jeher am besten mit Führungskräften, die neben den fachlichen auch soziale und humanwissenschaftliche Kompetenzen hatten und haben. Und sich auf Grundlage ihrer jeweiligen Unternehmenskultur offen und kooperativ verhielten. Die ihre Mitarbeiter wertschätzen. Das hat in der Vergangenheit schon gut funktioniert. Und auch für die Zukunft können wir optimistisch sein. Chemie und Pharma haben Perspektive.
Dr. Thomas Fischer ist seit 2002
1. Vorsitzender des VAA.