Innovationen: Zwang zur Selbsterneuerung
Innovation. Der Begriff ruft positive Assoziationen hervor und hat seinen Weg in viele Lebensbereiche gefunden: Es gibt innovative Personalkonzepte, innovative Finanzberatung, innovative Wohnformen und vieles mehr. Innovativ ist schließlich jeder gern. Tatsächlich ist Innovation kein Selbstzweck, sondern eine schlichte Notwendigkeit: Wir leben in einer immer stärker globalisierten Weltwirtschaft und in diesem weltumspannenden Wirtschaftsgeflecht ist Deutschland in der Relation zu anderen Standorten ein Hochlohnland. Das bedeutet, die deutsche Wirtschaft wird ihre Wettbewerbsfähigkeit auf Dauer nur aufrechterhalten können, wenn sie dem Weltmarkt auch hochqualitative und hochinnovative Waren anbieten kann. Die deutsche Chemie tut das. Sie leistet mit ihren Produkten und Verfahren einen wichtigen Beitrag zur Lösung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen – vom Klimaschutz über die Bereiche Gesundheit und Ernährung bis hin zur Mobilität. Folgerichtig führt die Chemie auch den kürzlich vom Marktforschungsinstitut forsa ermittelten „Industrie-Innovationsindex“ an.
Aber Deutschlands Wettbewerber im globalen Innovationswettlauf holen auf. In den zurückliegenden zwölf Jahren ist beispielsweise Chinas Anteil an der globalen Chemieforschung von 0,7 auf 7,0 Prozent gestiegen. Laut der VCI-Prognos-Studie „Die deutsche chemische Industrie 2030“ wird dieser Anteil weiter wachsen und sich in den nächsten 20 Jahren verdoppeln. Diese Entwicklung ist längst bei den Führungskräften der deutschen Wirtschaft angekommen. Das zeigen die Ergebnisse einer Umfrage, die der Führungskräfteverband ULA gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung durchgeführt hat.
Dabei gaben sage und schreibe 98 Prozent der Befragten an, dass der Innovationsdruck auf ihr Unternehmen durch neue Technologien und die fortschreitende Globalisierung weiter wächst. Gleichzeitig scheitern aus Sicht jedes zweiten Befragten Innovationen häufig an innerbetrieblichen Hürden, kurzfristigem Renditedenken oder mangelnder finanzieller Ausstattung für die Forschung.
Bei der Forschungsfinanzierung muss die Politik einen wichtigen Impuls beisteuern, indem sie endlich eine steuerliche Forschungsförderung für Unternehmen einführt, wie sie im überwiegenden Teil der OECD-Staaten längst gang und gebe ist. Beim Abbau von bürokratischen gesetzlichen Hindernissen steht die Politik ebenfalls in der Pflicht. Aber auch die Unternehmen müssen ihre Hausaufgaben machen. Denn zu einem innovationsfreundlichen Betriebsklima gehört mehr als nur ein gut ausgestattetes Forschungsbudget. Erforderlich ist eine Kultur, in der Entscheidungsträger die Expertise ihrer Mitarbeiter wertschätzen und berücksichtigen. Eine Kultur, in der auch Querdenker ihre Chance bekommen und die auch gescheiterte Innovationsvorhaben würdigt. Eine Kultur, in der die wichtigsten Innovationstreiber – die Mitarbeiter – angemessen am Erfolg ihrer Unternehmen beteiligt werden. Die Chemie macht in dieser Hinsicht offenkundig schon vieles richtig. Aber Luft nach oben gibt es allemal.