Mitbestimmung: Gemeinsam mehr erreichen
Als im Mai 1919 in Halle an der Saale rund 1.600 Naturwissenschaftler zusammenkamen, um den „Bund angestellter Chemiker und Ingenieure“ (BUDACI) zu gründen, war das Ziel klar: eine gemeinsame Interessenvertretung für eine Gruppe von hoch qualifizierten Arbeitnehmern, die schon damals ein essenzieller Bestandteil der deutschen Wirtschaft war.
Fast 100 Jahre später hat sich für den VAA als Rechtsnachfolger des BUDACI an dieser Mission nichts geändert. Heute vertreten wir – seit 1920 als Gewerkschaft – fast 30.000 Fach- und Führungskräfte aus der chemisch-pharmazeutischen Industrie. Der Sinn und Zweck einer Gewerkschaft leitet sich aus ihrer Gestaltungsmacht ab. Aus der Fähigkeit also, die Interessen ihrer Mitglieder wirksam zu vertreten und ihre Arbeitsbedingungen positiv zu beeinflussen.
Der VAA tut das. Mit Tarifverträgen, die den Verbandsmitgliedern besondere Rechte einräumen. Mit einem konkurrenzlosen Juristischen Service, der den Mitgliedern bei Auseinandersetzungen mit ihren Arbeitgebern zur Seite steht. Mit Instrumenten wie der Einkommens- und der Befindlichkeitsumfrage, die Transparenz hinsichtlich Vergütung und Arbeitsbedingungen herstellen und so die Verhandlungsposition der Mitglieder gegenüber den Unternehmen stärken. Und vor allem mit einer starken Struktur von Mandatsträgern, die in den Werks- und Landesgruppen, in den Betriebsräten, Sprecherausschüssen und Aufsichtsräten die betriebspolitische Interessenvertretung vor Ort in den Unternehmen übernehmen.
Dass diese kollektive Interessenvertretung von den VAA-Mitgliedern sehr geschätzt wird, zeigt eine Befragung, die der VAA vor Kurzem in Kooperation mit der TU Dortmund durchgeführt hat. Neun von zehn Befragten gaben dabei an, dass ihnen der hohe Stellenwert der betrieblichen Mitbestimmung im Unternehmen wichtig ist. Bei nahezu allen abgefragten Themenkomplexen – von Vergütungs- und Leistungsbeurteilungsystemen über Beschäftigungssicherung bis hin zur Altersversorgung – wiesen die Umfrageteilnehmer Institutionen wie der Werksgruppe, dem Sprecherausschuss oder dem Betriebsrat höhere Kompetenzwerte zu als der Selbstvertretung durch die eigene Person. Die VAA-Mitglieder wissen: Kollektive Interessenvertretung ist wirkungsvoller, gemeinsam erreicht man mehr.
Und dieser Leitsatz hat auch auf Branchenebene seine Gültigkeit. Der VAA ist die etablierte Interessenvertretung für die außertariflichen und leitenden Angestellten der chemischen Industrie und hat für seine Mitglieder in den vergangenen Jahrzehnten sehr viel erreicht. Trotzdem können wir bei wichtigen Fragen wie der Sicherung des Chemiestandortes Deutschland oder der Ausgestaltung der politischen Rahmenbedingungen für die betriebliche Altersversorgung die Interessen unserer Mitglieder noch wirksamer vertreten, wenn wir mit einem Partner wie der IG BCE am gleichen Strang ziehen. Unsere Gestaltungsmacht als Gewerkschaft wird nicht geschmälert, sondern gestärkt, wenn wir in diesem Sinne den Schulterschluss mit unserem Sozialpartner suchen, um gemeinsam mehr für die Arbeitnehmer der Chemiebranche zu erreichen.
Gerhard Kronisch, Hauptgeschäftsführer des VAA