Die Knolle, die Stärke produziert
Am 2. März – also just dann, wenn der Bauer im alten Lied die Rößlein anspannt – hat die Europäische Kommission der BASF die Genehmigung zur kommerziellen Nutzung der gentechnisch optimierten Stärkekartoffel Amflora erteilt. So erfreulich die Zulassung ist, so bedenklich ist es, wie lange das Ganze gedauert hat. Es macht schwermütig zu sehen, dass mehr als 13 Jahre vergehen, bis innovative Produkte genutzt werden dürfen. Kann das sein? So werden die mit der Investition in Forschung ohnehin verbundenen Risiken unnötig in die Höhe getrieben. Das Gegenteil wäre gerade im Moment des allerersten Luftholens nach der Krise angebracht. Galopp der Leistungs- statt müder Trab der Bedenkenträger ist angesagt. Nur so kann der Karren aus dem Dreck gezogen werden, in den er durch die Lenker der Finanzindustrie gesteuert wurde. Es hat symbolischen Wert, dass die zugelassene Gen-Knolle vor allem eines tut: Sie produziert Stärke.
Für die deutsche Industriepolitik ist die jetzige Phase gleich in zweierlei Hinsicht entscheidend. Zum einen muss der sich andeutende Erholungsprozess stabilisiert werden. Genauso wichtig ist es aber, die deutsche Wirtschaft für die Zukunft wetterfest zu machen. Mit einer sinnvollen Forschungsförderung kann der Staat beide Aufgaben anpacken. Sie schafft Investitionsanreize und sichert Arbeitsplätze – beides wichtige Signale beim Weg aus der Krise. Gleichzeitig würde eine höhere Innovationstätigkeit dazu beitragen, dass Deutschland für künftige Krisen besser gerüstet ist.
2010 ist die Zielgerade der europäischen Lissabon-Strategie. Vereinbart ist, dass dieses Jahr drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Forschung fließen. Zwei Prozent soll die Wirtschaft aufbringen, ein Prozent die öffentliche Hand. 2007 investierte der Staat laut der aktuellsten Zahlen 0,76 Prozent, es ist also noch Luft nach oben. Die Mittel müssen indessen richtig verteilt werden. Wissenschaftliche Einrichtungen haben in den letzten Jahren mehr Geld bekommen. Der Förderanteil an den Entwicklungsinvestitionen der Firmen ist hingegen zwischen 1981 und 2006 von 16,9 Prozent auf 4,5 Prozent abgestürzt.
In den USA lag dieser Wert 2006 mehr als doppelt so hoch. Das ist angesichts des globalen Wettbewerbs um Forschungsinvestitionen eine fatale Botschaft. Die schwarz-gelbe Regierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen, Forschung und Entwicklung steuerlich zu fördern. Das ist sinnvoll und wird vom VAA schon lange gefordert. Zwei Drittel der OECD-Staaten haben bereits eine steuerliche Forschungsförderung eingeführt. Viele bauen sie weiter aus. Es wird also höchste Zeit, dass den Worten Taten folgen.
Sich dabei durch Größenkriterien einseitig auf die Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen festzulegen, würde allerdings die wirtschaftliche Realität in unserem Land verkennen. Die großen Unternehmen leisten einen essentiellen Beitrag an den Forschungsinvestitionen. Häufig verfügen allein sie über die notwendige Finanzkraft, um Spitzenforschung in technisch aufwendigen Bereichen zu stemmen.
Die Kehrseite der Größe ist zugleich, dass Großunternehmen eher in der Lage sind, ihre Forschungsaktivitäten zu verlagern. Schon deshalb dürfen sie nicht von einer steuerlichen Förderung ausgeschlossen werden. Gerade jetzt können wir es uns nicht leisten, hier einseitige Schwerpunkte zu setzen. Sie lösen womöglich ungewollt Abwanderungsbewegungen aus, statt zu nachhaltiger Standortqualität und Arbeitsplatzsicherheit beizutragen.
Ihr
Dr. Thomas Fischer