Exportweltmeister: Kritik an Deutschland wächst
Weltmeister zu sein, ist eigentlich eine gute Sache. Ob im Fußball oder in der Wirtschaft: Deutschland leistet Erstaunliches. Und es klingt zunächst ja wunderbar. Deutschland stellt Produkte her, die sich weltweit gut verkaufen. Autos, Maschinen und Chemie. Sogar mittelständische Firmen verkaufen ihre Produkte eher nach Mexiko als ins Saarland.
Doch nun hat sich Kritik am deutschen Leistungsbilanzüberschuss geregt. Am deutlichsten wurde dabei der amerikanische Präsident. Aber auch der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Europäische Kommission haben sich geäußert. Der deutsche Überschuss lag 2016 bei 8,9 Prozent relativ zur Wirtschaftsleistung. Mehr als sechs Prozent hält die Kommission langfristig für schädlich und droht Deutschland deshalb mit Sanktionen. Deutschen Überschüssen stehen schließlich Defizite anderer Euro-Länder gegenüber und damit potenziell auch hohe Schulden.
Nun könnte man sagen, es sei absurd, den deutschen Export zu behindern und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands mutwillig zu zerstören. Außerdem sei am niedrigen Euro-Kurs nicht Deutschland schuld, denn der wird durch den Durchschnitt des Euroraums bestimmt, der noch immer von der Krise belastet ist.
Nötig ist auch der Hinweis, dass hohe Überschüsse und Defizite nicht immer klare Hinweise auf die wirtschaftliche Stärke eines Landes geben. Amerikas Defizit stieg immer dann besonders, wenn die Wirtschaft kräftig zulegte. Dafür schrumpfte es in Krisenjahren.
Japan erfreut sich dagegen seit Jahrzehnten an Leistungsbilanzüberschüssen, leidet aber ebenso lange an einer wirtschaftlichen Stagnation. So einfach sind die Zusammenhänge also nicht. Und doch ist ein positiver Exportsaldo nicht immer zwingend günstig für ein Land. Export von Gütern bedeutet auch immer Kapitalexport und Abfluss von Ersparnis. Deutschland gibt den Abnehmerländern oft gleich die nötige Finanzierung mit dazu, um die Güter zu kaufen. Und damit sinkt die Investitionsquote im Inland. Ohne Investitionen hierzulande stagniert aber die Produktivitätsentwicklung und damit auf Dauer die gesamte Volkswirtschaft.
Es kann also sinnvoll sein, viel stärker als bisher in die hiesige Infrastruktur sowie in Bildung und Gesundheit zu investieren. Ob Breitband oder Kitas: Es ist an der Zeit, dass auch die Regierung ihr Geld los wird. Zwar hat Finanzstaatssekretär Jens Spahn jüngst zu Recht darauf verwiesen, Zukunftsinvestitionen würden nicht am Geld, sondern am Planungsrecht scheitern. Wer aber hindert die Regierung daran, sich genau darum zu kümmern?
Dr. Thomas Fischer ist seit 2002
1. Vorsitzender des VAA.