Steuerflucht: Druck auf den Kessel!
Der Druck müsse „drauf bleiben“. Mit diesen – gemessen an der üblichen Ausdrucksweise von Politikern fast schon markigen – Worten kommentierte Wolfgang Schäuble am Rande des Treffens der G20-Finanzminister in Istanbul letzte Woche die internationalen Bemühungen gegen die Steuerflucht.
Wie richtig der Bundesfinanzminister mit seiner Forderung liegt, zeigt der aktuelle Skandal um die britische Großbank HSBC: Bei einer Schweizer Tochter der Bank sollen Steuerhinterzieher mehr als 75 Milliarden Euro angelegt haben. Auf der Liste der mehr als 100.000 Personen, die mithilfe der HSBC-Banker über dubiose Kanäle Geld verschoben haben sollen, finden sich neben kriminellen Diamantenhändlern und so illustren Persönlichkeiten wie Ägyptens Ex-Präsident Hosni Mubarak und Chinas ehemaligem Premier Li Peng offenbar auch rund 2.100 deutsche Staatsbürger.
Man mag diesen Vorgang als einen weiteren Bankenskandal abtun, der das in der Öffentlichkeit ohnehin nur noch sehr mäßig ausgeprägte Vertrauen in die internationalen Großbanken kaum noch weiter zu erschüttern vermag. Aber sowohl die finanzielle Größenordnung als auch die moralische Abgründigkeit machen diesen Skandal zu einem Paradebeispiel dafür, was im internationalen Geldverkehr schief läuft.
Da liegt es nahe, dem Bund Deutscher Kriminalbeamter beizupflichten: Der fordert für Banken mit nachweislich kriminellen Aktivitäten ein Geschäftsverbot für den deutschen Markt.
Beim Finanzministertreffen in Istanbul wurde im Übrigen auch ein OECD-Bericht vorgelegt, der die einkommensschwachen Bevölkerungsschichten als Hauptverlierer der ebenfalls maßgeblich durch internationale Großbanken mitverschuldeten Finanz- und Wirtschaftskrise benennt. Angesichts solcher Erkenntnisse ist es geradezu beschämend, wenn die Führungsspitze der HSBC die systematische Beihilfe zum Steuerbetrug im eigenen Haus als "Kontrollversagen in der Vergangenheit" abtut. Auch der Umstand, dass sich die Schweizer Behörden bei der strafrechtlichen Aufarbeitung des jüngsten Bankenskandals bislang weitestgehend darauf beschränken, den Whistleblower zu verfolgen, spricht nicht für Einsicht und einen grundlegenden Sinneswandel. Auf diesen Kessel gehört offenbar in der Tat noch deutlich mehr Druck.