Arbeitsverweigerung: Rechtsirrtum schützt nicht vor Kündigung
Verstößt ein Arbeitnehmer dauerhaft gegen die Vorgaben des Arbeitgebers zu Umfang und Lage der Arbeitszeit, stellt das einen Grund für eine fristlose Kündigung dar. Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt: Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer irrtü
Eine Arbeitnehmerin war von ihrem Arbeitgeber als außertarifliche Mitarbeiterin beschäftigt worden. Der Arbeitsvertrag sah keine konkrete Arbeitszeit vor, verpflichtete die Arbeitnehmerin aber dazu, „auch außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeiten tätig zu werden“. Zudem bestand im Betrieb eine Betriebsvereinbarung, nach der die wöchentliche Arbeitszeit für Tarifangestellte in Vollzeit 38 Stunden pro Woche betrug.
Die Arbeitnehmerin unterschritt diesen Arbeitszeitumfang regelmäßig und wurde daraufhin vom Arbeitgeber mehrmals aufgefordert, eine Wochenarbeitszeit von 38 Stunden einzuhalten und ihr auf dieser Basis berechnetes Arbeitsdefizit von 686 Stunden auszugleichen. Die Arbeitnehmerin weigerte sich, diese Arbeitszeitvorgaben einzuhalten. Aus ihrer Sicht war sie als außertarifliche Mitarbeiterin nicht zu einer konkreten Wochenarbeitszeit, sondern im Rahmen einer Vertrauensarbeitszeit ohne Anwesenheitsverpflichtung lediglich zur Erbringung bestimmter Arbeitsergebnisse verpflichtet. Der Arbeitgeber sprach ihr daraufhin die fristlose Kündigung aus. Die Kündigungsschutzklage der Arbeitnehmerin wurde sowohl vom Arbeitsgericht als auch vom Landesarbeitsgericht abgewiesen. Auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab dem Arbeitgeber recht (Urteil vom 29. August 2013, Aktenzeichen: 2 AZR 273/12).
Die BAG-Richter stellten klar: Für die Frage, ob das Verhalten der Arbeitnehmerin eine fristlose Kündigung rechtfertigt, kommt es nicht auf ihre Rechtsaufassung, sondern auf die objektive Rechtslage an. Die Arbeitnehmerin war zwar durch den Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich zur Einhaltung der betriebsüblichen Arbeitszeit verpflichtet, diese Verpflichtung ergibt sich laut BAG aber aus der Auslegung des Vertrages (Urteil vom 15. Mai 2013, Aktenzeichen: 10 AZR 325/12). Somit stellte ihre beharrliche Weigerung, die Arbeitszeiten einzuhalten, eine erhebliche Vertragspflichtverletzung dar, die den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung berechtigte.
VAA-Praxistipp
Arbeitnehmer sollten Weisungen des Arbeitgebers zu Lage und Umfang der Arbeitszeit, Arbeitsort und konkreten Tätigkeiten nicht leichtfertig ignorieren. Wenn Zweifel an der Rechtsmäßigkeit der Weisungen bestehen, sollten diese zunächst unter Vorbehalt befolgt und nötigenfalls eine gerichtliche Klärung darüber herbeigeführt werden. VAA-Mitglieder können dabei auf die kostenlose Unterstützung durch die Juristen des Verbandes zurückgreifen.